Zuckerspektrum des Honigtaus

Saccharose wird während der Photosynthese durch die Pflanzen produziert und anschließend im Pflanzensaft durch das Phloem zu den Speicherorganen der Pflanzen transportiert. In dem durch Insekten angesaugten Pflanzensaft überwiegen Disaccharide und Trisaccharide, vor allem das Disaccharid Saccharose.

Im Siebröhrensaft einiger Pflanzen tauchen Zuckeralkohole wie Mannit, Sorbit oder Galaktit auf. Auch sie sind Bestandteile von Honigtau und können an unterschiedlichen chemischen Prozessen beteiligt sein.

Raffinose ist ein Dreifachzucker, der im Pflanzensaft von bestimmten Pflanzenfamilien vorkommt. Er enthält neben Glucose und Fruktose auch ein Molekül des Zuckers Galaktose. Lagert man an Raffinose ein oder mehrere weitere Moleküle Galaktose an, so enthält man Zucker wie Stachyose oder Verbascose. Saugen die Honigtauerzeuger an solchen Pflanzen, so tauchen im Honigtau vermehrt Mehrfachzucker (Oligosaccharide) unter Beteilung von Galaktose auf.

Der Honigtauerzeuger vermischt beim Saugen den Pflanzensaft mit seinen Verdauungsenzymen. Von diesem Moment an beginnt der Abbau der Di-, Tri- und Oligoaccharide. Die Mehrfachzucker werden in ihre Grundbausteine die Monosaccharide gespalten.

Je nachdem wie lange die enzymatischen Spaltung läuft, befinden sich unterschiedliche Konzentrationen von Saccharose, Raffinose, Glukose und Fruktose im wässrigen Inhalt des Darms.

Saccharose ist der Hauptbestandteil pflanzlicher Säfte. Honigtau ähnelt jedoch aufgrund seiner Entstehung in seiner Zusammensetzung mehr dem Honig als den Pflanzensäften, die aufgenommen wurden. Zusätzlich sind im Honigtau zahlreiche, höhere Zucker (Mehrfachzucker) enthalten.

Der Grund für die Änderung der Zusammensetzung des Pflanzensaftes ist, dass im Speichel und Darm der Insekten die gleichen Zucker spaltenden Enzyme aktiv sind, wie im Speichel der Biene. Der Rohrzucker wird von den Enzymen der Honigtauerzeuger in Fruktose und Glukose zerlegt. Dies ist der gleiche Prozess, wie er nach dem Einspeicheln durch die Biene bei der Honigbereitung auftritt.

Der Honigtau auf Blättern und Nadeln wird von der Honigbiene gesammelt. Die anschließende Honigbereitung erfolgt durch die Biene wie beim Nektar. Das Produkt ist der besonders würzige, dunkelbraune Honigtauhonig.

Insekten, die Honigtau erzeugen und abgeben, kommen in mehreren Insektenfamilien vor. Allen Honigtauerzeugern gemein ist, dass sie einen Stechrüssel besitzen und Pflanzensäfte saugen. Anders als die Bienen warten sie nicht darauf, dass die Pflanzen ihnen Nektar anbieten, sondern sie stechen zu und entnehmen der Pflanze den Saft.

Die bekanntesten Honigtauerzeuger sind die Blattläuse. Meist treten Blattläuse gemeinsam mit Ameisen auf und können sich zu einer wahren Plage entwickeln. Weniger auffällig sind die Schildläuse und das ist ihr Prinzip. Sie tarnen sich durch ein Schild und sind nicht direkt als Tier zu erkennen.

Als Honigtauerzeuger weniger bekannt sind die Zikaden. Zikaden kennen wir hauptsächlich durch ihren lauten Gesang. Zikaden spielen im deutschsprachige Raum keine Rolle für die Bereitung von Honigtauhonig. Die Bläulingszikade (Metcalfa pruinosa) ist ein bedeutender Honigtauerzeuger in Südeuropa, vor allem in Italien, Slowenien und Frankreich. Der Honig kommt als Metcalfahonig in den Handel.

Enzyme arbeiten nicht einseitig. Sie fördern die Reaktionen immer in beide Richtungen. Die Glukosidase im Darm der Honigtauerzeuger spaltet nicht nur die Mehrfachzucker, sondern baut sie auch auf. Was passiert, hängt immer von der Konzentration der Mengen der unterschiedlichen Zucker ab.

Durch die Wirkung der im Darm vorhandenen Enzyme können alle aufgezählten Mono- und Oligosaccharide als Bausteine neu kombinert werden. Bei der hohen Konzentration an Kohlehydraten und dem geringen Anteil an Wasser im Darm der Honigtauerzeuger sind die Mengenverhältnis so, dass in geringem Masse Oligosaccharide auch auf- und umgebaut werden. Dadurch entstehen Maltose, Maltotriose, Isomaltose, Melezitose und in Spuren weitere Mehrfachzucker im Darm des Pflanzensaugers.

Das primäre Zuckerspektrum im Darm ist: Einfachzucker wie Glukose, Fruktose, Galaktose sowie Mannose, dazu kommen die Mehrfachzucker Saccharose und Raffinose sowie möglicherweise Stachyose, Verbascose oder ähnliche Oligosaccharide. Mengenmäßig überwiegen aber Saccharose, Glukose und Fruktose.

Wichtig ist, dass die Honigtauerzeuger nicht alleine arbeiten: Es gibt Bakterien und Pilze im Darm der Honigtauerzeuger. Diese Mikroorganismen können die Zusammensetzung des Zuckerspektrums durch ihre eigenen Stoffwechselprodukte und die Wirkung ihrer Enzyme erweitern.

So entsteht ein vielfältiges sekundäres Zuckerspektrum im Darm der Honigtauerzeuger und im Honigtau. Glukose und Fruktose dominieren meist, aber auch Melezitose kann in größeren Mengen entstehen. Sekundär entstehende Zuckerspektren mit bis zu 20 unterschiedlichen Zuckern sind möglich.