Bezeichnung
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Moderhinke
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Englischer Name Synonyme
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Foot rot Schafpanaritium, Klauenfäule
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Erreger - Anfällige Tierarten - Krankheitserscheinung
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Wissenswertes
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Die Moderhinke ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit, die durch Bakterien hervorgerufen wird. Das Schafpanaritium entsteht durch das Zusammenwirken der bakteriellen Erreger Fusobacterium necrophorum und Dichelobacter nodosus. Sie führt zu einer eitrigen Entzündung der Klauen. Von der schmierigen, grau-weißen Masse der Eiterherde an den erkrankten Klauen geht ein unangenehmer, faulig-süßlicher Geruch aus, der der Krankheit ihren Namen gab. Die Bakterien befallen die Klauen bei Wiederkäuern, insbesondere bei Schafen. Die auslösenden Bakterien sind auf trockenem Boden ca. sieben Tage, auf feuchtem Boden ca. 30 Tage, in erkrankten Schalen etwa dreieinhalb Jahre überlebensfähig. Gerade bei Schafen nimmt die Erkrankung häufig einen besonders schweren Verlauf mit hochgradigen Schmerzen an den Klauen. Die Moderhinke ist in der Nutztierhaltung von Schafen mit erheblichen ökonomischen Schäden verbunden. Auf feuchtem Gelände kann die Moderhinke zu massenhaften Erkrankungen führen. Sie ist eigentlich eine seuchenhaft auftretende Krankheit des Hausschafes, kommt jedoch auch bei Wildtieren vor. Zu Todesfällen führt sie bei Nutztieren selten, jedoch bei Wildtieren immer. Die Infektion erfolgt durch verseuchten Boden bei zu feuchtem Standort oder durch Zukauf bzw. durch Aussetzen von bereits erkrankten Tieren. In der Regel beginnt die Erkrankung mit einer harmlos erscheinenden Entzündung der Haut im Zwischenschalenspalt.
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Anfällige Tierarten
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- Gämse
- Muffelwild
- Rinder
- Schafe
- Steinböcke
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Meldepflicht?
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Zoonotisch?
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Nein
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Erreger
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Bakterien
- Fusobacterium necrophorum
- Dichelobacter nodosus.
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Überlebensdauer des Bakteriums
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Der Erreger Dichelobacter nodosus hat auf Weiden und im Boden eine begrenzte Lebensdauer von rund 14 Tagen, besonders auf feuchten Böden von teils bis zu 42 Tagen (unter günstigen Bedingungen sogar bis zu 6 Monaten), in verseuchtem Klauenmaterial und in erkrankten Klauen jedoch jahrelang, teils bis zu 3½ Jahren.
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Betroffene Stellen
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Klauen
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Krankheitserscheinung
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Die Entzündung beginnt meist an nur einem Lauf im Zwischenklauenspalt (Interdigitalspalt) und greift dann auf die anderen Gliedmaßen über. Es kommt zur Auflösung des Schalenhornes, zur Ablösung des Wandhorns sowie des Schalenhornes von der Lederhaut. Unter dem losen Horn befindet sich ein grauweisser, schmieriger, übel riechender Belag. Der Eiterungsprozess kann sich über die Schalen hinaus auf die Sehnen, die Gelenke und die Knochen ausdehnen. Es kommt schliesslich zu Schalenverformungen, zum Sohlendurchbruch und zur völligen Ablösung des Schalenhornes von der Unterlage (Ausschuhen). Besonders bei Wildtieren sind bei lang andauernder Krankheit an den Schalen nur noch Eiterbakterien aber keine Erreger der Moderhinke mehr zu finden. Infolge der starken Schmerzen kommt es zu starker Lahmheit, zu gestörter Nahrungsaufnahme und zu starkem Wildbretverlust.
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Erkennung bei Wild und Nutztieren
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Betroffene Tiere lassen sich bei Erkrankung der Vorderklauen im fortgeschrittenen Stadium beim Äsen und teils auch bei der Fortbewegung auf den Vorderfußwurzelgelenken (Karpalgelenken) der Vorderläufe nieder und knien oder liegen ganz fest, um die Klauen von den Schmerzen zu entlasten. Bei der Erkrankung der Hinterläufe werden die Hinterbeine entweder abwechselnd entlastet oder die Tiere äsen im Liegen. Eine fortgeschrittene Ablösung des Horns führt zur Ablösung des gesamten Hornschuhes (Ausschuhen). Einer in Bewegung befindlichen Schafherde folgen die moderhinkekranken Schafe humpelnd und hinkend mit charakteristischem Kopfnicken am Schluss. Schwer erkrankte Tiere laufen teilweise auf drei Beinen. Beim Übergreifen der Entzündungen auf die Klauengelenke kommt es zum Festliegen. Zu den weiteren Symptomen zählt die Abmagerung der betroffenen Wildtiere, Schafe und Lämmer im fortgeschrittenen Stadium der Moderhinkeerkrankung. Bei Nutztieren kann die klinische Diagnose anhand der charakteristischen Veränderungen am Klauenhorn und anhand des typischen Geruchs gestellt werden.
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Ursache
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Die Moderhinke ist hochansteckend. Sie verbreitet sich durch indirekte Übertragung über den Boden durch kontaminierte Weiden auf immer mehr Tiere und führt dadurch zu einer besonders schnellen Ausbreitung innerhalb der Herde. Dabei spielen zusätzlich eine Reihe von Umweltfaktoren eine Rolle. So wird die Erkrankung durch feuchte Böden in Verbindung mit mangelhafter Klauenpflege stark begünstigt. Andererseits ist die Empfänglichkeit der Tiere für diese Erkrankung sowohl bei heißen, trockenen Wetterbedingungen als auch bei sehr tiefen Temperaturen herabgesetzt. Auch die Schafrasse spielt eine Rolle: Bei Merinoschafen wurde eine signifikant erhöhte Empfänglichkeit für Moderhinke ermittelt, während z.B. Romney-Schafe resistenter sind. Von anderen Nutztieren können Ziegen und auch Rinder betroffen sein.
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Infektionsweg
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Inkubationszeit
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Prophylaxe und Behandlung
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Prophylaxe bei der Tierhaltung
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Zur Vorbeugung gegen Moderhinke gehören:
- Trockenlegung oder Auszäunung häufig benutzter nasser Stellen (z.B. in Stallnähe) sowie
- Meidung von Triebwegen und Weiden anderer Herden,
- regelmäßige Klauenbäder,
- die Absonderung erkrankter Tiere,
- regelmäßige Klauenkorrektur (Ausschneiden der Klauen),
- systemische Antibiose, Impfschutz, Resistenzzucht,
- Aufschotterung,
- mehrwöchige Quarantäne und Isolierung zugekaufter Tiere. Neu hinzugekaufte Tiere sollten vorsorglich mehrmals mit dem oben beschriebenen Klauenbad behandelt werden.
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Prophylaxe freie Wildbahn
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keine bekannt; Die Erkrankung mit Moderhinke führt ohne Abschuss immer zum qualvollen Tod.
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Behandlung in der Tierhaltung
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Bei der Moderhinke handelt es sich um eine Herdenerkrankung. Die ausschließliche Behandlung einzelner erkrankter Tiere ist daher nicht ausreichend. Für eine erfolgreiche Bekämpfung der Moderhinkeerkrankung ist eine Herdensanierung erforderlich. Eine Behandlung der Moderhinke ist sowohl aus wirtschaftlichen Gründen als auch aus Tierschutzgründen erforderlich. Zu den Behandlungsschritten gehören:
- Trennung gesunder von kranken Tieren,
- Besprühen der behandelten Klauen mit einem antibiotisch wirksamen Wundspray und/oder Klauenbäder,
- Restlose Entfernung des gesamten losgelösten Klauenhorns und der eitrigen Masse durch Ausschneiden,
- antibiotische Allgemeinbehandlung schwer erkrankter Tiere,
- Nachkontrolle und Nachbehandlung in einwöchigem Abstand bis zur Heilung, Impfung.
Zunächst werden auf einer möglichst betonierten Fläche außerhalb der Stallungen die Klauen sorgfältig beschnitten. Bei stark befallenen Klauen müssen die erkrankten Stellen behutsam mit einem scharfen Messer oder Skalpell entfernt werden. Nicht desinfizierte Transportfahrzeuge und Klauenmesser können eine Gefahr für gesunde Tiere darstellen, da eine Übertragung möglich ist. Entfernte Hornteile sind zu sammeln und zu verbrennen oder tief zu vergraben, so dass die gesunden Tiere damit nicht mehr in Berührung kommen können. Die Klauenkorrektur dient u.a. der Diagnose, zudem können lokal wirkende Medikamente besser zum Einsatz kommen. Traditionell werden die Klauen möglichst bis zu einigen Minuten in einer Formalin-, Zinksulfat- oder Kupfersulfatlösung gebadet (Klauenbad). Weil auch gesunde Tiere zur Vorbeugung durch ein Klauenbad getrieben werden müssen, sind diese vor den erkrankten durchzutreiben. Heutzutage werden vielfach auch lokal aufgebrachte Antibiotika eingesetzt. Möglich ist auch eine systemische Antibiose, auch in Kombination mit lokal aufgebrachten Antibiotika. Durch den Einsatz von Antibiotika können selbst ohne vorangegangene Klauenbehandlung Heilungsraten von mehr als 85 % erreicht werden.
Die behandelten Tiere sollen danach auf eine Weide gebracht werden, die mindestens ein halbes Jahr nicht benutzt wurde, um eine Neuansteckung der gereizten Klauen zu vermeiden.
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Bekämpfung bei Widtieren
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Abschuss aller kranken (bewegungseingeschränkten) Tiere. Das Wildbret ist, sofern das Stück nicht zu stark abgekommen ist, nach Entfernung der erkrankten Teile genusstauglich.
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Wirtschaftliche Folgen Landwirtschaft
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Die Moderhinke führt bei den befallenen Herden durch Produktionsverluste zu großen wirtschaftlichen Schäden:
- geringere Säugeleistung, dadurch erhöhte Lämmerverluste und geringere Gewichtszunahme bei Lämmern,
- Verminderte Wollproduktion der betroffenen Schafe,
- Abmagerung der adulten Schafe durch schmerzbedingte Futterverweigerung bei längerem Krankheitsverlauf,
- Kümmern von moderhinkekranken Lämmern.
Dies zieht geringere Umsätze der Tierhalter bei der Woll-, Fleisch- und Milchvermarktung nach sich. Zur Sanierung großer Schafherden wurden in Neuseeland, Australien und in der Schweiz mit Erfolg Bekämpfungsprogramme etabliert.
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Literatur
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Jagdlich
- Conrad, Peter: Erfolgreich gegen Moderhinke. In: Deutsche Jagd-Zeitung, 7/2002, S. 28-31
Allgemein
- Technische Weisungen für das Moderhinke-Sanierungsprogramm des Schweizer Beratungs- und Gesundheitsdienstes für Kleinwiederkäuer (BGK), Fassung vom 1. Januar 2010 (PDF-Datei; 0,1 MB).
- Schlolaut, Wolfgang, Wachendörfer, Günter: Handbuch Schafhaltung. 5. Auflage. DLG-Verlag, Frankfurt (Main) 1992, ISBN 3-7690-0492-2, S. 286-288.
- Kuhlemann, Jaana: Epidemiologie und Bekämpfung der Moderhinke auf regionaler Ebene. Diss. Hannover 2011 (PDF-Datei; 2,6 MB).
- Kümper, Harald, Stumpf, Hans-Joachim: Moderhinke als Tierschutzproblem. In: Hartwig Bostedt (Hrsg.): 7. Tagung über Schaf- und Ziegenkrankheiten der Fachgruppe Krankheiten der Kleinen Wiederkäuer, Gießen 12. Mai 2000. Deutsche Veterinärmedizinische Gesellschaft, Gießen 2002, ISBN 3-935747-07-1, S. 1-5 (zu den veterinärmedizinischen, tierschutzrechtlichen und strafrechtlichen Aspekten der Moderhinke auf der Basis mehrerer Gerichtsurteile).
- Korn, Stanislaus von: Schafe in Koppel- und Hütehaltung. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3197-8, S. 184-185.
- Ganter, Martin, Lottner, Sophia: Klauenkrankheiten IV - Moderhinke konsequent und erfolgreich sanieren. In: Deutsche Schafzucht. Jahrgang 2004, Heft 21, ISSN 0720-0862, S. 4-8.
- Behrens, Heinrich, Ganter, Martin, Hiepe, Theodor: Lehrbuch der Schafkrankheiten. 4. Auflage. Parey Buchverlag, Berlin 2001, ISBN 3-8263-3186-9, S. 234-237.
- Behrens, Heinrich: Tierschutzprobleme in der Schafhaltung. In: Deutsche Tierärztliche Wochenschrift. Jahrgang 98, 1991, Heft 1, ISSN 0341-6593, S. 26-28, hier S. 27.
- Empfehlungen für die ganzjährige und saisonale Weidehaltung von Schafen. Hrsg. vom Tierschutzdienst Niedersachsen. 3. Auflage 2009, darin Anlage 6: Behandlungshinweise Moderhinke und Anlage 7: Klauenbäder, S. 66-69 (PDF-Datei; 3,4 MB).
- Ganter, Martin, Winkelmann, Johannes: Farbatlas Schaf- und Ziegenkrankheiten. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart 2008, ISBN 978-3-8001-5380-0, S. 97-100.
- Kümper, Harald, Stumpf, Hans-Joachim: Moderhinke - Ein Tierschutzproblem. In: Amtstierärztlicher Dienst und Lebensmittelkontrolle. Jahrgang 7, 2000, ISSN 0945-3296, S. 289-291.
- Kümper, Harald: Moderhinke bei Schafen und Ziegen. In: Veterinär-Spiegel 2008, ISSN 0940-8711, Heft 3, S. 161-166.
- Lottner, Sophia: Felduntersuchung zur Bekämpfung der Moderhinke bei Schafen mittels Vakzinen und genetischer Marker. Diss. Hannover 2006 (PDF-Datei; 1,3 MB).
- Strobel, Heinz: Klauenpflege Schaf und Ziege. Grundlagen, Praxis, Moderhinke. Eugen Ulmer Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-8001-5851-5, S. 95-138.
- Winter, Agnes: Lameness in sheep. Crowood Press, Ramsbury, Marlborough 2004, ISBN 1-86126-721-5.
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