Damwild ansprechen
Wer nur gelegentlich auf Damwild jagt, zum Ansitz auf Kahlwild, junge Hirsche oder gar auf den Brunftschaufler eingeladen wird, sollte nicht nur dem zu erwartenden Jagderlebnis entgegenfiebern, sondern sich mit den Eigenheiten des Damwilds auseinandersetzen, bevor es ans Jagen geht.
Das Kahlwild ist ganzjährig recht standorttreu und während der Aufzucht der Kälber auf einen engen Radius beschränkt. Dagegen haben die Hirsche seit dem Frühjahr weit ab vom Brunftrevier ihren Einstand.
Schmalspießer tragen bereits Anfang Juli blank gefegte Spieße, der ältere Hirsch verfegt erst Ende August und Hirsche vom zweiten Kopf haben oft auch Anfang September noch Bastfetzen am Geweih.
Damhirsch
In erster Linie werden die körperlichen Merkmalen, der Ausdruck und das Verhalten des Damhirsches gewichtet. Nur in der Jungendklasse bei den Hirschen vom ersten und zweiten Kopf ist das Geweih ein wirklich brauchbares Ansprechmerkmal, auch wenn Hirsche vom ersten Kopf manchmal schon mehr als Spieße tragen können. Für die Ansprache der mittelalten Hirsche sind die Erlegungskriterien der örtlichen Hegegemeinschaften maßgebend.
Merksatz
Der angehende Jäger sucht beim Schaufler Kante, Dorn und Spross. Der erfahre Jäger blickt dem Schaufler ins „Gesicht“ und auf den Träger.
Schmalspießer
Neben dem Spießergeweih zeigt der Damhirsch vom ersten Kopf einen sehr schlanken Körperbau, der Träger wird steil aufgerichtet getragen. Der überwiegende Teil der Schmalspießer steht bis zur Brunft noch im Kahlwildrudel. Der Abschuss sollte sich auf körperlich schwache Stücke konzentrieren. Schmalspießer mit ungleich langen und auffälligen Spießen gelten als erlegungswürdig. Unbedingt zu schonen sind Stücke mit starken birnenförmigen Spießen unabhängig ihrer Länge.
Knieper
Der Damhirsch vom zweiten Kopf zeigt in der Regel sein erstes Hirschgeweih. Der Knieper ist schon bedeutend stärker als der Schmalspießer, der Träger wird aber immer noch steil aufrecht getragen. Der Drosselkopf tritt schonansatzweise hervor. Als erlegungswürdig gelten Knieper, die keinen Ansatz zur Schaufelbildung zeigen.
Mittelalte Schaufler
Bei den mittelalten Schauflern wird die Ansprache schon schwieriger. Das Hauptaugenmerk sollte sich nur auf die körperlichen Merkmale und das Verhalten richten. Mit zunehmendem Alter verlagert sich der Mittelpunkt der Köpermasse nach vorn. Der Träger wird stärker und der Drosselkopf tritt deutlicher hervor. Das Haupt wird breiter und der Gesichtsausdruck verändert sich von jugendlich neugierig zu grimmig. Schaufler vom 5. Kopf an können schon das Geschehen am Brunftplatz beherrschen. In der Altersklasse der mittelalten Damschaufler sollten die Hirsche gestreckt werden, die eine unerwünschte Schaufelbildung aufweisen. Dazu gehören Hirsche mit stark und gleichmäßigen Schaufeln, tiefgeschlitzte, zerrissene Schaufeln, mit hoch angesetzten Dreieck- oder Karoschaufeln, oder mit Strangen, bei denen Aug- oder Mittelsprosse nicht gewachsen sind.
Alte Schaufler
Die schwierigste Entscheidung stellt sich mit der Frage, ob es sich tatsächlich um einen reifen Damschaufler handelt, der mindestens sein 8. Lebensjahr erreicht hat. Erst die Kombination verschiedenster Merkmale lässt eine Beurteilung zu, mit welcher Wahrscheinlichkeit es sich um einen alten Hirsch handelt. Am ehesten gelingt dieses noch bei Hirschen, die Merkmale des Zurücksetzens aufweisen. Dazu gehören deutlicher Senkrücken mit Widerrist und Hängebauch, ein breit wirkendes Haupt, ein sehr tief liegender Drosselkopf, die Vorderläufe scheinen den Mittelpunkt des Körpers zu bilden, zurückgesetzte Aug- und Mittelsprossen und die typischen keilförmig zulaufenden Schaufeln. In jedem Fall ist Zurückhaltung angesagt bei sonstigen angeblichen Altersmerkmalendes Geweihes. Weder kurze und starke Augsprossen noch eine ausgeprägte Leisten- und Kantenbildung an der Schaufel sind ein sicheres Indiz für einen alten Hirsch.
Kahlwild
Beim Kahlwild und den Kälbern muss beim Abschuss grundsätzlich die gleiche Sorgfalt gelten, wie den Damhirschen. Dennoch sieht es in der Praxis meist anders aus, denn ein Großteil der Strecke wird auf Bewegungsjagden erzielt, die ein sorgfältiges Ansprechen kaum zulassen. Erfolgt der Hinweis bei der Freigabe, dass grundsätzlich das schwächste Stück der Altersklasse zu strecken ist, dann ist das ein brauchbarer Anhalt für die Kälber aber bei den Tieren wird es schwierig. Eine Unterscheidung zwischen starken Kalb, Schmaltier und schwachem Tier in der Winterdecke ist bei einer Bewegungsjagd kaum zu realisieren. Deshalb wird häufig das Stück geschossen, das am ehesten mit der Kugel erreichbar ist. Der Altersklassenabschuss degradiert zu einem eher zufälligen Produkt der Bejagung.
Kälber
Das Ansprechen der Kälber dürfte noch am leichtesten fallen. Allein durch die Körperstärke, das rundliche Haupt, das verspielte Verhalten und die Grannenbehaarung unterscheiden sich die Kälber deutlich von den anderen Rudelmitgliedern. Bedingt durch die Setzzeiten können die Größenunterschiede zwischen Kälbern in den ersten drei Monaten beträchtlich sein. Die Größenunterschiede gleichen sich aber im zunehmenden Jahresverlauf weitgehend an zudem beginnt schon bei den Kälbern der für das Damwild insgesamt typische Größenunterschied zwischen den Geschlechtern abzuzeichnen.
Schmaltiere
Die Unterscheidung zwischen Schmaltier und Alttier ist zu Beginn der Jagdzeit noch leicht möglich. Zu diesem Zeitpunkt liegt das Körpergewicht der Schmaltiere noch unter dem der Alttiere. Dennoch ist große Vorsicht geboten, um den Abschuss von einem führenden Tier zu vermeiden, da die Kälber bis August noch oft abgelegt werden.
Alttiere
Große Anforderungen ergeben sich beim Ansprechen der Alttiere. Ideal ist, wenn beim Abschuss eines schwachen Kalbs das zum Kalb gehörende Tier mit erlegt werden kann. Darüber hinaus sollte der Schwerpunkt auf überalterte Tiere gelegt werden. Diese sind an der meist „knochigen“ Erscheinung, verhältnismäßig dicken Läufen, dünnen Träger sowie Senkrücken und Hängebauch zu erkennen. Beim Ansprechen im Rudel muss beachtet werden, dass Alttiere bis zum 6. Lebensjahr an Stärke zunehmen. Daraus folgt, dass körperlich schwache Damtiere jung sind.
Bejagungshinweise
Weil sich das Damkahlwild im September zumeist noch in kleineren Familienverbänden bewegt, gelingt es dem versierten und geduldigen Damwildjäger meist, neben dem Kalb auch das dazugehörige Tier zu erlegen. Dort, da wo es die Rahmenbedingungen erlauben, sollte demnach der Abschuss bei den Alttieren in Verbindung mit dem Kalb möglichst schon im September erfolgen.
Nach dem Schuss
Beim Damwild kann eine ziemlich genaue Feststellung des Alters anhand der Zahnentwicklung bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres erfolgen. Danach ist eine Beurteilung des Abnutzungsgrades der Backenzähne oder mikroskopische Feststellung der Zonierung des Zahnzements in den Molaren möglich.