Jagdwesen in der DDR
Die Leitung des gesamten Jagdwesens in der DDR erfolgte durch den Staat. Die Hauptabteilung Forstwirtschaft im Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft (MLFN) war Oberste Jagdbehörde, die Räte der Bezirke und die Räte der Kreise waren Bezirks- bzw. Kreisbehörden. Jagdbewirtschaftungsorgane waren die Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe (StFB), die für die jeweils in ihren Bereichen liegenden Jagdgebiete zuständig waren. Zu ihren Aufgaben gehörten u.a.:
- Aufstellung des Jagdwirtschaftsplanes;
- alle Maßnahmen zur Wildschadenverhütung und Bereitstellung von Mitteln für die Wildschadenersatzleistungen;
- Transport des erlegten Wildes von der Wildannahmestelle (bei schweren Stücken vom Erlegungsort) zum Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb;
- Lagerung des Wildbrets;
- Erfassung des Wildabschusses und Führung der Streckennachweise;
- Beschaffung und Vertrieb von Jagd- und Übungsmunition einschliesslich Aufbewahrung und Durchsicht der Jagdwaffen (ggf. Reparaturaufträge für Jagdwaffen).
In der DDR war die Jagdwirtschaft mit eigenen Produktionsbedingungen in das System der volkswirtschaftlichen Planung und Abrechnung einbezogen. Wild war Volkseigentum, das unabhängig vom Eigentum am Boden gehegt und genutzt wurde. Zur Jagdausübung waren Personen befugt, die Mitglieder einer Jagdgesellschaft waren und eine Jagderlaubnis besassen. Das Territorium einer Jagdgesellschaft bestand aus drei bis fünf Jagdgebieten (Jagdrevieren), die jeweils 4000 ha groß waren. Pacht oder Abschussgebühren waren nicht zu zahlen. Die Mitglieder einer Jagdgesellschaft hatten jedoch entsprechend ihrem monatlichen Bruttoeinkommen einen Beitrag zwischen 10,00 Mark und 150,00 Mark zu entrichten.
Die gesamte Jagdwirtschaftsfläche der DDR betrug 8,7 Mio. Hektar. Davon waren rund 6 Mio. ha Feldfläche und 2,98 Mio. ha Waldfläche. Nach den Rechtsvorschriften der DDR waren 48 Tierarten, darunter auch Wacholderdrossel und Rotdrossel, zu jagdbarem Wild erklärt. Etwa 41.000 Jäger waren in etwa 900 Jagdgesellschaften zusammengeschlossen. Für Wild und jagdwirtschaftliche Rohstoffe bestand Ablieferungspflicht der Jagdgesellschaften an die Staatlichen Forstwirtschaftsbetriebe.
Nicht abgeliefert werden mussten Frischlinge mit weniger als 10 kg Gewicht (aufgebrochen), Waldschnepfen, Bekassinen, Ringeltauben, Krammetsvögel, Blesshühner, die Jagdtrophäen (Geweihe, Gehörne, Grandeln und Waffen) sowie der Aufbruch (Geräusch).
Eine Besonderheit waren die Sonderjagdgebiete für die Privilegierten, d.h. für die DDR-Führung (Partei- und Wirtschaftsgrössen), die ab 1954 eingerichtet wurden. Anfangs ohne gesetzliche Grundlage, wurden diese Sonderjagdgebiete mit der 2. Durchführungsverordnung vom 21.5.1954 zum Jagdgesetz der DDR legalisiert, aber bereits mit der 6. Durchführungsverordnung vom 23.12.1957 pro forma abgeschafft; in der Praxis bestanden sie jedoch weiter. 1962 erfolgten eine Neueinrichtung und der Ausbau des Systems der Staatsjagdgebiete (StJG), die zudem gesetzlich sanktioniert wurden. 1968 bestanden bereits 13 StJG. Zur Leitung und zur Kontrolle dieser StJG wurde im Jahre 1968 in der Hauptabteilung Forstwirtschaft im Ministerium für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft die Inspektion Staatsjagd (ISJ) gebildet, die 1971 aus der Hauptabteilung Forstwirtschaft ausgegliedert und dem Minister für Land-, Forst- und Nahrungsgüterwirtschaft unmittelbar unterstellt wurde. Die Inspektion Staatsjagd war auch zuständig für die jährliche Diplomatenjagd. Das gesamte jagdliche Geschehen in den StJG war geheim. Um den Jagderfolg der Jagdgäste in diesen Staatsjagdgebieten zu garantieren, wurden Wildäsungsflächen angelegt, Kirrungen wurden (auch in den Sommermonaten) beschickt und eine großzügige Winterfütterung betrieben. Waldbauliche Grundsätze wurden in diesen Jagdgebieten außer acht gelassen, jagdwirtschaftliche Ziele hatten absoluten Vorrang. Hier galt: Wild vor Wald.