Alpengämse (Rupicapra rupicapra rupicapra)

Paarhufer 

Alpengams

Lateinischer Name 
Synonyme 

Rupicapra rupicapra rupicapra, Linnæus, 1758
Gams, Gamswild, Gämse, Gemse, Krickelwild

Männliches Stück 
Weibliches Stück 
Nachwuchs 

Bock
Geiß
Kitz

Systematik

Klasse 
Unterklasse 

Säugetiere (Mammalia)
Höhere Säugetiere (Eutheria, Huxley 1880)

Überordnung 
Ordnung 

Unterordnung 

Laurasiatheria
Paarhufer (Artiodactyla)
Wiederkäuer (Ruminantia)

Familie 
Unterfamilie 

Hornträger (Bovidae)
Ziegenartige (Caprinae)

Gattung 
Art 

Gämsen (Rupicapra)
Gämse (7 Unterarten)

Unterarten 

  • Alpengämse (R. r. rupicapra); relativ häufig
  • Karpatengämse (R. r. carpatica); relativ häufig
  • Balkangämse (R. r. balcanica); relativ häufig
  • Türkische Gämse (R. r. asiatica); relativ häufig
  • Kaukasusgämse (R. r. caucasica); von der IUCN als gefährdet geführt
  • Tatra-Gämse (R. r. tatrica); IUCN-Status 2000 auf „vom Aussterben bedroht“; 2007 548 Stück, davon 431 adulte
  • Chartreuse-Gämse (R. r. cartusiana); vom Aussterben bedroht.

Allgemeines und Merkmale

Wildart 

Hochwild

Schutzstatus 

 

Wissenswertes 

Als vorwiegend tagaktives Tier ist die Gams besonders von Störungen durch die erheblichen menschlichen Freizeitaktivitäten betroffen. Früher waren die Störungen noch weitestgehend auf feste Routen (Wanderwege, Loipen) beschränkt. Heute jedoch dringt der Mensch abseits der Wege mit Trendsportarten wie Mountainbiken, Klettern oder Querfeldeinlaufen bis in die letzten ungestörten Refugien vor und hat mit Gleitschirmen, Wingsuits und Heissluftballonen mittlerweile auch den Luftraum erobert. Nicht "vorhersehbare" Störereignisse wie plötzlich auftauchende Luftvehikel oder Mountainbikes beunruhigen Gämsen und anderes Wild deutlich stärker und nachhaltiger als die "kalkulierbaren" Störungen, die von festen Linien wie z.B. Wanderwegen ausgehen, da bei diesen ein gewisser Gewöhnungseffekt eintritt. Häufige Störungen haben nicht nur einen großen Einfluss auf die natürliche Aktivitätsperiodik und die Habitatwahl der Gämsen, sondern können sich nach Untersuchungen auch negativ auf die Kondition der Gämsen auswirken.

Bei den Gämsen tragen beide Geschlechter einen Kopfschmuck (Krucke oder Krickel), der nicht gewechselt wird.
Gämsen sind Distanztiere mit klarer Rangordnung. Eine Distanz unter 2 bis 3 m führt zu sofortiger Aggression; dies wird häufig als Futterneid und damit falsch interpretiert.
Gämsen haben eine oval langgezogene Pupille die stets grundparallel ist.

Aussehen / Körperbau 

Schlanke eher gedrungene, ziegenartige Statur, Haupt mit Gesichtsmaske (Zügel). Auffällig ist ein vom Maul bis zum Ohr laufender, schwarzer Streifen ("Zügel"). Auch die Beine weisen eine dunkle Färbung auf. Im Winter wirkt die Gämse schwarzbraun bis schwarz. Nur Stirn, Wangen und die Innenseite der Ohren sind blassgelb bis hellgelb. Läufertyp

Decke 

Das Sommerfell ist kurz. Die Fellfarbe variiert zwischen einem fahlen Gelb, einem gelblichen Grau bis rötlichem Braun. Winterfell Haare deutlich länger; Dunkelbraun bis Schwarz. Auf dem Rücken zieht sich ein Streifen von längerem Haar (Aalstrich od. Gamsbart).

Gehörn und 
Gehörnentwicklung 

Bock und Geiß tragen Stirnwaffen (Krucken) die oben hakenförmig nach hinten gekrümmt sind. Das Gehörn wird nicht abgeworfen. Beim Bock stärker nach hinten gebogen (gehackelt), bei der Geiß dünner. Das Horn liegt auf dem Stirnzapfen und besteht aus Hornschläuchen. Ab dem fünften Jahr nur noch Millimeter-Ringe. Die Hörner können bis ca. 30 cm lang werden und an der Basis einen Umfang von 9 -10 cm aufweisen. Der Querschnitt dieser Krucken ist beim Bock etwa kreisrund, bei den Gaisen eher oval.
Es gibt bockkruckige Geisen und geiskruckige Böcke. Am Harder bei Interlaken sind viele Bockkruckige Geißen anzutreffen.

Größe Bock 
Geiß

Körperlänge bis 110 – 130 cm
Stockmass 70 – 85 cm

Gewicht Bock 
Geiß 

Gewicht 25 – 40 kg
ca. 10 – 15% leichter

Gebiss/Zahnformel 

Im Oberkiefer nur Hornplatte keine Schneide- und Eckzähne. Im Unterkiefer 8 Schneidezähne (3 Schneidezähne und 2 Eckzähne)
I C M P
0 0 3 3
--------- 32 Zähne
4 0 3 3

Kitz = Milchgebiss
Jährling = meistens zweischauflig, selten Milchgebiss
2 ½ = Vierschauflig
3 ½ = sechsschauflig od. schon ausgeschaufelt
4 ½ = Immer ausgeschaufelt
Vollendung des Zahnwechsels zwischen 44 bis 47 Monaten (~ 4 Jahren). Je nach Gesundheitszustand gibt es Abweichungen von bis zu 6 Monaten.

Sinne 

 

Drüsen 

Der Gamsbock markiert sein Revier besonders während der Brunft durch ein Sekret aus den hinter den Schläuchen sitzenden Brunftfeigen.

   

Herkunft 

Einheimisches Wild

Vorkommen 

Gämsen leben im Hochgebirge bis zur Gletscherregion und kommen im gesamten Alpenbereich vor. Durch ihre spreizbaren, hartgummiartigen Hufe ("Schalen") sind sie besonders gut für ein Leben in der Felsregion ausgestattet. Jura, Emmental

Lebensweise, Lebensraum 

Sommer:
Einstände im Hochgebirge, z.B. Latschenregionen oder Almmatten. Es bilden sich Rudel mit Geißen, Kitzen, Jährlinge 2 bis 3 jährige. Alte Böcke ziehen meistens alleine z.T. auch 2 gleich starke bis zur Brunftzeit
Winter:
Tiefe Lagen, Waldlagen od. steile sonnenseitige Hänge. Verbreitung auch in Bergwälder.

Nahrung und Nahrungserwerb 

Sie nutzen die frühen Morgen-, Vormittags- sowie die Abendstunden zur Äsung. Über Mittag und in der Nacht ruhen die Gämsen.
Sommer:
Gräser, Kräuter, Grünteile von Stauden Sträucher, Bäume
Winter:
Moose, Farne, Knospen (Verbissschaden). Gämsen sind Intermediärtypen (Mischäser) mit Tendenz zum  Konzentratselektierer.

Losung 

besteht aus mehr oder minder losen dunkelbraunen bis schwarzen Zäpfchen. Die Gamslosung ist im Winter schwarz glänzend. Die Beeren sind ca. 8 mm stark und 1,2 cm lang. Im Sommer wird die Losung in zusammengedrückter Form abgesetzt. Zwischen Bock- und Geißenlosung gibt es keinen Unterschied.

Trittsiegel 

Aufgrund des Lebensraumes im Gebirge sind die Schalen auf das Fortkommen auf Felsen und steilen Hängen angepasst. Der Schalenrand ist kräftig entwickelt und besteht aus einem elastischen gummiartigen Horn. Hinzu kommt, dass die Beweglichkeit zwischen den beiden großen Schalen des Fusses verhältnismäßig groß ist. Die Geäfter sitzen hoch und sind nur in der Fluchtfährte und in ausreichend Schnee sichtbar. Die beiden Schalenabdrücke sind kantig und nach vorne und hinten ungefähr gleich breit, fast rechteckig. Stets ist zwischen den Schalen ein großer, deutlicher Zwischenraum vorhanden. Das Trittsiegel eines ausgewachsenen Tieres ist um die 6 cm lang und 3,5 cm breit.

Fährte 

Das Trittsiegel ist beim Ziehen fast rechteckig, bei rascheren Gangarten kommt es zu einer größeren Spreizung der Schalen und das Trittsiegel wird mehr trapezförmig. In der Fluchtfährte ist deutlich das Geäfter allerdings ca. 10 cm hinter dem rückwärtigen Rand der Schale zu sehen. Beim Ziehen wird eine Schrankweite von ca. 4 cm gemessen. In der Flucht hat die Gams all die verschiedenen Trittstellungen, die auch das Rotwild aufweist.

Sinne 

 

Lautäußerungen 

Bei Gefahr stösst das Gamswild durch den Windfang einen weithin hörbaren charakteristischen Warnlaut aus.
Die Geiß verständigt sich mit dem Kitz durch leises Meckern. Sehr ähnlich, nur wesentlich lauter, ist das {tip :: Deutlich erkennbar beim Blädern ist der weit geöffnete Äser und der wackelnde Bart bei älteren Böcken.} „Blädern“ {/tip} des Bockes in der Brunftzeit.

Brunftzeit 

Oktober bis Dezember Hauptzeit im November

Tragzeit 

26 Wochen

Wurfzeit 

Mai - Juni

Nachwuchs 

1 selten zwei Kitze, Gewicht 3 – 5 kg

Säugezeit 

die Kitze werden ungefähr 6 Monate. gesäugt

Selbständigkeit 

 

Geschlechtsreife 

Böcke ab 1 ½
Geißen: selten mit 2 ½, normal mit 3 ½

Höchstalter

 

Natürliche Feinde 

Luchs, BärWolf
Jungtier:
Adler, Fuchs, Dachs, Uhu, Kolkrabe

Infektionskrankheiten 
Parasitäre Erkrankung 

Gamsblindheit
Gamsräude

Bestands-zusammensetzung 

Gämsen leben gemeinsam in Rudeln und sind hauptsächlich tagaktiv

Bestandsstatus 

Nicht gefährdet

Bestandstrend 

Gleichbleibend

Trophäen 

Krucke, Decke, Gamsbart (nicht aber in der Schweiz, weil die Jagd im September ist und die Haare noch zu kurz sind) Bezoarkugeln, «Gämsenkugeln», die man gelegentlich im Magen erlegter Tiere findet - haselnuss- bis hühnereigroße Kugeln aus verfestigten unverdaulichen Stoffen mit einem lederartigen, glänzenden und wohlriechenden Überzug.

Literatur

  • Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. 6. Auflage. The Johns Hopkins University Press, Baltimore/London 1999, ISBN 0-8018-5789-9
  • Christine Miller, Luca Corlatti: Das Gamsbuch. Für Einsteiger und Profis. 1. Auflage. Verlag J.Neumann-Neudamm AG, Melsungen / Mariapfarr 2009, ISBN 978-3-7888-1305-5 (205 S.).
  • Werner Knaus, Wolfgang Schröder: Das Gamswild. Naturgeschichte, Verhalten, Ökologie, Hege und Jagd, Krankheiten. 3., neubearbeitete Auflage. Parey, Hamburg / Berlin 1983, ISBN 3-490-33012-9 (232 S.).
  • Lutz Briedermann, Vladimir Still: Die Gemse des Elbsandsteingebietes. Rupicapra r. rupicapra. 2. Auflage. Ziemsen, Wittenberg 1987, ISBN 3-7403-0041-8 (Neue Brehm-Bücherei, Bd. 493).
  • Maurice Burton: Neues Tierlexikon in Farbe. Vehling, Köln 1984.