Europäischer Seehund (Phoca vitulina vitulina)
Raubtiere |
Europäischer Seehund [Glossar] |
Kurzinfo |
Der Seehund ist der häufigste Meeressäuger in Deutschland. Er hat große, runde Augen, eine Stupsnase und er äußert sich durch ein raues Bellen. |
Lateinischer Name |
Phoca vitulina vitulina, Linnæus 1758 |
Männliches Tier |
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Klasse |
Säugetiere (Mammalia, Linnæus 1758) |
Überordnung |
Laurasiatheria (Waddell, Okada & Hasegawa, 1999) |
Überfamilie |
Hundeartige (Canoidea, Simpson 1931) |
Echte Hundsrobben (Phoca, Linnaeus 1758) |
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Es werden geographisch fünf Unterarten unterschieden |
Die Largha-Robbe wurde früher als Unterart des Seehundes, wird heute aber als selbständige Art eingestuft. |
Allgemeines, Merkmale und Kommunikation |
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Wildart |
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Schutzstatus |
Der Seehund wurde durch Listung in Appendix III der Berner Konvention des Europarats vom 19. November 1979 unter Schutz gestellt, wodurch nur ausnahmsweise die Nutzung zugelassen und geregelt wird. Diese Haltung übernimmt auch die Europäische Union. Sie führt diese Art wie alle Arten der Familie der Hundsrobben in der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie Nr. 92/43/EWG, Anhang V als streng zu schützendes Wildtier mit der Möglichkeit der Nutzung; darüber hinaus wird sie auch in Anhang II gelistet, wodurch zwingend die Einrichtung von Schutzgebieten vorgeschrieben ist. In Deutschland ist es verboten, Seehunde aus der Natur zu entnehmen. Der Verstoß ist eine Ordnungswidrigkeit und kann nach dem BNatSchG (§ 69 Abs. 3 Nr. 10 i. V. m. § 39 Abs. 2 Satz 1 und Anhang V der Richtlinie 92/43/EWG) mit Geldbuße bis zu 10.000,- Euro geahndet werden (§ 69 Abs. 6 BNatSchG). Ebenso ist es verboten, sie in Besitz zu nehmen, sie zu be- oder verarbeiten oder sonst zu verwenden, abzugeben, anzubieten, zu veräußern oder sonst in den Verkehr zu bringen, sowie für die genannte Zwecke zu befördern (§§ 2 Abs. 1 i. V. m. Ziff. 1 der Anlage 1 der BWildSchVO). Der Verstoß gegen diese Verbote ist Ordnungswidrigkeit und kann mit Geldbuße bis zu 5000,- Euro geahndet werden (§ 39 Abs. 2 Nr. 5 BJagdG i. V. m. § 6 Abs. 1 Nr. 1 BWildSchVO). |
Wissenswertes |
Der gemeine Seehund ist eine in allen nördlich-gemäßigten Meeren verbreitete Robbe aus der Familie der Hundsrobben. Er hat Flossen, Ruder (Vorder- und Hinterruder) oder Schwimmer. Das Fell des jungen Seehunds wurde als Haar-Seal zu Kleidungsstücken und Gebrauchsgegenständen (Steigfelle, früher auch Tornister) verarbeitet. |
Erbgut |
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Aussehen / Körperbau |
Ein ausgewachsener Gemeiner Seehund wird bis zu 1,80 m lang und kann bis zu 130 kg wiegen. Der Hund ist stets größer als die Hündin. Das Fell ist kurzhaarig und hat oberseits und an den Seiten dunkle Flecken auf hellem, weissgrauem oder gelblichgrauem Grund. Der Rücken ist dunkler als die Seiten, die in eine weisse bzw. gelblichweisse Bauchpartie übergehen. Die Schnurrhaare sind weiss. |
Fell |
Seehunde besitzen ein sehr dichtes und durch Talg wasserundurchlässiges Fell. Es ist sandfarben bis graubraun in verlaufenden Farben. Auf dem Rücken der Männchen wirkt es gefleckt. Der Fellwechsel findet in den Sommermonaten statt. Durch Wärme und UV-Licht wird die Vitamin-D-Produktion angeregt, die auch für das Wachstum der Haare erforderlich ist. Der Aufenthalt auf den Sandbänken ist deshalb auch für den Fellwechsel notwendig. Die Haare sind kaum pigmentiert, weshalb das Fell im nassen Zustand dunkler wirkt als im trockenen. |
Die Haut des Seehundes ist dicht behaart und besteht aus der Speckschicht und einer dicken Oberhaut, die keine Hornschicht besitzt und mit Hautfarbstoff versehen ist. Gegen Auskühlung hilft die dicke Speckschicht, die sich im Unterhautfettgewebe befindet. Sie ist durchschnittlich 4-5 cm und maximal bis zu 8 cm dick. |
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Ruder |
Ober- und Unterarmknochen des Seehunds liegen im Inneren des Körpers und sind stark verkürzt, jedoch sehr kräftig. Die langen Mittelhandknochen und Fingerknochen spannen die Schwimmhaut auf. An den Fingerspitzen befinden sich feste Krallen, die das Festhalten und Fortbewegen erleichtern. Zudem benutzen Robben ihre scharfen Krallen zum Zerkleinern von größerem Fisch. Die Hinterbeine sind nach hinten gerichtet und die Sohlen einander zugewandt. Ober- und Unterschenkelknochen befinden sich ebenfalls verkürzt innerhalb des Körpers. |
Fortbewegung |
Das typische Robben der Seehunde entsteht durch Anziehen des Hinterleibes und Vorschieben des Oberkörpers. Dadurch wird der Körper nach vorne gedrückt. Mit Hilfe der kräftigen Krallen der Vorderflossen wird der Körper im Sand fixiert. Im Wasser treibt sich der Seehund mit seinen Hinterrudern an, mit den Vorderrudern steuert er. Durch ein Schlängeln des Hinterleibes unterstützt der Seehund die Fortbewegung und kann so Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 35 km/h erreichen. |
Größe Hund |
bis zu 1,8 m |
Gewicht Hund |
bis zu 130 kg |
In der Literatur finden sich unterschiedliche Beschreibungen für die Zahnformeln des Seehunds. Die Unterschiede liegen sowohl in der Anzahl der Zähne, als auch in der Einteilung der Zahngruppen. Milchzahngebiss: Bleibendes Gebiss nach MILES und GRIGSON sowie STARCK: |
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Sinne |
Geruch Augen Ohren Tastsinn |
Drüsen |
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Seine Lautäusserung ist ein heiseres Bellen oder Grunzen; im Zorn knurrt er wie ein Hund. |
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Kommunikation visuell |
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Kommunikation chemisch |
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Herkunft |
Einheimisch |
Verbreitung |
Der Seehund kommt auf der Nordhalbkugel im Atlantik und Pazifik vor. In Europa kommt er an der Ostseeküste Schwedens, Dänemarks und Deutschlands, an der deutschen Nordseeküste bis zu den Niederlanden sowie an der Nordküste Skandinaviens und Schottlands und an der Küste Islands vor. Der Seehund bevorzugt Küsten mit trockenfallenden Sandbänken, auf denen er vor Feinden sicher ist. Man findet ihn aber auch an geschützten Felsküsten. Während der Seehund an der gesamten Nordseeküste verbreitet ist, ist er in der Ostsee eine extreme Seltenheit; der Bestand in diesem Binnenmeer wird auf 250 Tiere geschätzt, womit Seehunde in der Ostsee noch seltener als Kegel- und Ringelrobben sind. Die Ostsee-Seehunde leben an den Küsten dänischer Inseln und des südlichen Schwedens. Umherwandernde junge Seehunde kommen manchmal auch an deutsche Ostseeküsten. |
Der Lebensraum des Seehunds sind die Küstenzonen der Meere, die Sandbänke, das Wattenmeer sowie seichte und auch tiefere Gewässer. Er ist standorttreu und lebt auf Sandbänken in Rudeln, wobei einige Stücke die Wache übernehmen. Industrieabwässer, Ölpest und Wattwanderer bedrohen seinen Lebensraum. |
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Tauchvorgang |
Seehunde bleiben normalerweise nur etwa 5 bis 6 Minuten unter Wasser. Sie können aber bis zu 30 Minuten tauchen und dabei Tiefen von 100-200 m erreichen. Beim Seehund schließen sich während des Abtauchens seine Nasenlöcher automatisch. Sie müssen nach dem Tauchgang aktiv geöffnet werden. Auch die Ohren werden geschlossen. |
Schlaf |
Eine besondere Eigenschaft des Seehundes ist, dass er im Schlaf senkrecht im Wasser steht und dabei langsam absinkt. Zum Luftholen taucht der Seehund im Schlaf auf, holt Luft und sinkt wieder ab. |
Lebensweise |
Seehunde verbringen einen Großteil der Zeit im Meer und kehren nur selten auf die Sandbänke zurück. Die Wurfzeit bildet eine Ausnahme. |
Zur Winterzeit verlassen die Seehunde ihre angestammte Region und ziehen mit den Fisschwärmen in tiefere Gefilde der Nordsee. |
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Nahrung und |
Seehunde sind ausgesprochene Nahrungsopportunisten, d.h., sie fressen alles, was sich Ihnen bietet. Von Kleinkrebsen über Fische, Schnecken, Muscheln und Tintenfischen finden sich eine Vielzahl von Beuteorganismen auf seiner Speisekarte. Ausgewachsene Seehunde fressen ausschließlich Fischeund zwar Heringe, Sardinen, Dorsche, Lachse, Stinte und Plattfische. Jüngere Seehunde ernähren sich zu einem Großteil von anderen Meerestieren wie Krebs- und Weichtieren. |
Jagdweise |
Jagdverhalten und Jagdort sind beim Seehund eng auf regionale Gegebenheiten in Topographie und Geographie sowie saisonale Wechsel in Beuteverfügbarkeit und Beutequalität ausgerichtet. Ein Seehund kann von seinem Haulout-Platz bei einem längeren Jagdausflug (nach neuesten Untersuchungen) durchaus Strecken von bis zu 100 Kilometern zurücklegen. Das ist doppelt soweit als man bisher annahm. |
Fortpflanzung – Entwicklung – Krankheiten |
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Zusammenleben |
Im Wasser sind Seehunde einzelgängerisch, auf Sandbänken kommen sie oft zu kleinen Gruppen zusammen. Der Seehund ist kein Rudeltier sondern Einzelgänger. Die in keiner Weise sozialen Tiere reagieren aggressiv auf Berührung durch Artgenossen. Vor allem bei Männchen kommt es deshalb gelegentlich durch Beißen zu blutigen Wunden. Auf den Sandbänken findet man sie daher meistens mit eineinhalb Metern Mindestabstand zwischen zwei Tieren. Auf Sandbänken liegt er lediglich aus Sicherheits- und Platzgründen zusammen. Seehundmännchen sind weder monogam noch bewachen sie nach Art manch anderer Robbenarten einen Harem. |
Brunftzeit |
Die Brunftzeit geht von Juli bis Anfang September. Sobald sich die Weibchen sich von ihrem Nachwuchs abwenden, beginnen sie die geschlechtsreifen Männchen zur Paarung aufzufordern. Mehrere Männchen sammeln sich dabei um ein Weibchen und versuchen im Wasser, auf ihren Rücken zu gelangen. Das Weibchen wehrt sich zunächst mit Bissen und Fluchtversuchen gegen die Paarung. Letztlich siegt eines der Männchen, indem es das Weibchen mit einem Biss in den Nacken ruhigstellt. Nach etwa drei Minuten ist der Paarungsakt beendet und beide Partner schwimmen ihrer Wege. |
Die Hündin trägt einschließlich der Vortragzeit (Eiruhe) bis zu elf Monate. |
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Wurfzeit |
Die Wurfzeit liegt durch die Eiruhe gesteuert immer in den Monaten Juni und Juli. |
Wurfplatz |
Zum Werfen entfernt sich das trächtige Tier von der Gruppe. Seehunde sind Lungenatmer und können nicht unter Wasser gebären. Deshalb findet die Geburt, nach einer Tragezeit von 11 Monaten, zwischen Anfang Juni und Mitte Juli auf einer Sandbank statt. Die Hündin sucht sich dazu, sobald die Wehen einsetzen, eine trockengefallene Sandbank im Wattenmeer. |
Nachwuchs |
Es kommt zu einer Sturzgeburt, bei der die Fruchtblase meist direkt platzt. Es wird in der Regel nur ein Jungtier geboren, das bei der Geburt eine Länge von durchschnittlich 80 cm hat und zwischen 7 und 12 kg wiegt. |
Säugezeit |
Die Säugung kann nur auf Sandbänken stattfinden. Die Muttermilch ist mit 45% bis 55% Fettgehalt extrem nahrhaft, so dass das Seehundjungtier schnell zu Kräften kommt. Während einer Ebbeperiode muss das Jungtier mindestens dreimal gesäugt werden. Das Gewicht erhöht sich innerhalb von 5 Wochen auf bis zu 27 kg. |
Selbständigkeit |
Heuler werden ungefähr fünf Wochen gesäugt und werden dann, um selbständig zu werden, allein gelassen. Obwohl Jungtiere instinktiv Fische fangen können, braucht es eine gewisse Zeit um zu lernen, sich selbständig zu ernähren. |
Der Seehund ist mit drei Jahren geschlechtsreif. |
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Höchstalter |
Seehunde können 30 bis 35 Jahre alt werden. Dabei haben Weibchen in der Regel eine höhere Lebenserwartung als Männchen, die sich bei den Aggressionen gegen Geschlechtsgenossen mehr verausgaben und vielleicht deshalb selten älter als 25 Jahre alt werden. |
Natürliche Feinde |
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Heuler |
Heuler sind ein natürliches Phänomen. Sie haben ihr Muttertier durch Verstoßen, Tod oder Stürme verloren, oder die Mutter hat ein krankes oder verletztes Jungtier verlassen. |
Infektions-krankheiten |
PDV-Seuche |
Bestands-zusammensetzung |
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Bestandsstatus |
Der weltweite Bestand des Seehundes wird von der Weltnaturschutzunion IUCN in der Roten Liste gefährdeter Arten als nicht gefährdet (Least Concern) bezeichnet. |
Bestandstrend |
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Anwesenheit und Hege |
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Spur |
Die Spur der Seehunde findet man auf Sand- oder Schlammbänken und auf schneebedecktem Eis. Sie ist charakteristisch und mit keiner anderen Spur zu verwechseln. Da der Seehund sich robbend vorwärts bewegt, hinterläßt der Körper eine breite Schleppspur, zu deren beiden Seiten paarweise (rechte und linke Flosse) die Vorderflossen (Ruder) deutlich abgedrückt sind. |
Hege |
Seehunde werden in freier Wildbahn nicht gehegt. |
Bejagung |
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Jagdzeiten DE |
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Jagdsignal |
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Die Jagdausübung ist nur in Begleitung eines bestätigten Seehundjagdführers erlaubt. Nach dem BJG (§19) dürfen Seehunde nur mit Büchsenpatronen beschossen werden, deren Auftreffwucht bei E100 (100 m Entfernung) mindestens 100 kpm beträgt. Die Hetzjagd und Netzjagd, die Jagd vom Boot aus, der Schrotschuss und der Schuss auf schwimmende Stücke sind verboten. Bei der Jagd auf den Seehund täuscht der Jäger einen Artgenossen vor, indem er selbst robbend die Bewegungen des Seehund nachahmt, sog. Hucksen. Die ungemein neugierigen Seehunde nähern sich dabei dem hucksenden Jäger auf Schussentfernung. Der Seehund darf nur beschossen werden, wenn er "Land unter dem Bauch" hat. Der Schuß auf Kopf oder Hals ist tödlich. |
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Ansprechen |
Der Seehund kann außerhalb der Wurfzeit meist nicht von der Hündin unterschieden. |
Schuss |
Geschossen wird in aller Regel liegend von einer Dreipunktauflage, weil das Ziel einen Durchmesser von maximal 10 cm hat. |
keine |
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Aufbrechen |
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Wildbret |
Einheimische versichern, dass Seehund das beste Wildbret überhaupt sei. Verwertet wird ausschließlich die Rückenpartie. Keulen sind naturgemäß nicht vorhanden. Das Wildbret ist wegen des hohen Hämoglobinanteils im Blut dunkelrot. Das Fleisch ist butterzart, vollständig fettfrei, die Fettschicht befindet sich nur unmittelbar unter der Hautund schmeckt leicht nach Leber. |
Altersbestimmung |
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Trophäen |
Die Trophäe ist das Fell, bei kapitalen (alten) Hunden der Kopf. |
Medizinische Verwendung |
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Literatur |
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