Curée - Hunderecht

Curée, auch Cüree oder Gepfneisch genannt, ist das Recht der Hunde und bezeichnet das Genossenmachen nach der Parforcejagd. Als erster erhielt der Leithund, der den gehetzten Hirsch bestätigt hatte, Herz und Haupt des Hirsches. Unmittelbar darauf wurden von den Hundejungen auf der Aasseite der Hirschdecke Feist, Lunge, Leber, Milz und Hirn zusammen mit kleinen Wildbretteilen, die alle gut mit Schweiß vermischt wurden, ausgelegt, damit auch die übrigen Hunde der Meute ihre Belohnung bekamen. In der Regel wurden zudem noch kleine Brotstücke und Käse mit Schweiß übergossen dargereicht und eine Schüssel Wasser daneben gestellt. Auf ein Signal der Jäger durften sich die Hunde auf den Fraß stürzen. Die mit Ruten ausgerüsteten Hundejungen hatten dabei darauf zu achten, dass alle Hunde zu ihrem Recht kamen. Dieses alte Zeremoniell endete mit einem Waidgeschrei und einem kräftigen Umtrunk. Das Curée-Machen (Pfneischen, Genossenmachen) ist im Deutschen schon seit dem 13. Jahrhunderts eingebürgert. Es zählt zum ältesten jagdlichen Brauchtum und wird auch als Hunderecht bezeichnet. Bereits im Tristanlied (um 1200) wird die Curée in einem eigenen Abschnitt beschrieben. Nach G. L. Hartig (Lexikon für Jäger und Jagdfreunde, 1836) war die Curée ein Hauptteil des Jagens und wurde nicht eher gemacht, bis die ganze Jägerei - durch den Fürstenruf zusammengerufen - versammelt war. Dieser Brauch wird heute noch in Frankreich ausgeübt.
Heutzutage versteht man unter Curée den vorbereiteten Rinderpansen, den die Hunde beim Halali erhalten. Es gibt 2-3 Rinderpansen als Curée für die Hunde, als deren "Anteil am erlegten Wild".

Im 13. Jahrhundert beschreibt Gottfried von Straßburg in seinen Versroman >Tristan< (ca. 1210/1215) das Curée:

Diess nehm in seine Hand ein Knecht.
Nun aber laßt nach Jägerrecht
Auch folgen die Curîe.«

»Curîe? Dê benîe!«

Riefen Alle: »Was ist das?
Wir verstünden Sarazenisch baß.
Was ist Curîe, lieber Sohn?
Schweigund sag uns nichts davon:
Was es sei, das laß geschehn,
Dass wir es selbst mit Augen sehn.
Diess thu bei deiner Höfischheit.«

 

Nun, Tristan war alsbald bereit.
Den Herzrick sucht' er, jenes Ding,
Woran das Herz des Hirschen hieng;
Und schob die Hüllen dran zurück.
Vom Herzen ab das halbe Stück
Schnitt er nach dem spitzen Ende,
Nahm es dann in seine Hände
Auf Dass er es halbiere,
Dann kreuzweis theil' in viere;
Warf auf die Haut die Theile nieder
Und kam zu seinem Ricke wieder.
Milz und Lungen löst' er gar,
Dass nichts mehr an dem Ricke war,
Denn auf der Haut lag Alles dort.
Dann schnitt er Rick und Gurgel fort
Von der Brust am obern Ende,
Und sonderte das Haupt behende
Mit dem Gehörne von dem Kragen;
Er befahl es zu der Brust zu tragen.
»Wohl her geschwinde!« hub er an:
»Nehmet diesen Rick hindann:
Wenn etwa arme Leute kämen,
Die ihn gerne von euch nähmen,
Gebt ihnen diesen Rick dann hin;
Sonst thut damit nach euerm Sinn.
Nun komm ich zur Curîe.«

Hin gieng die Compagnîe
Und sah wie seiner Kunst gelinge.
Erst heischte Tristan alle Dinge,
Die er zuvor bereiten laßen.
Nun lag dies Alles solchermaßen
Gerüstet und bereitet,
Wie Er sie angeleitet.
Es lagen der Quartiere
Von dem Herzen viere
Nach jägerlichen Sitten
Auf der Haut zerschnitten
Alle vier einander nah;
Milz und Lunge schnitt er da,
Dann Magen und Gescheide gar,
Und was der Hunde Weide war,
In Stücke, so kurz und klein
Wie es füglich mochte sein.
Das Alles streut' er auf die Haut.
Darauf begann er überlaut
Und rief den Hunden: »Sa sa sa!«
Alsbald sah man sie alle da
Stehn über ihrer Speise.
»Seht«, sprach der Wortweise,
»Dies heißen sie Curîe
Daheim in Parmenîe.
Ich will euch sagen auch warum:
Curîe heißt der Brauch darum,
Weil man auf die Cuire legt
Was den Hunden man zu geben pflegt.
So hat die Jägerîe
Diesen Namen Curîe
Von der Cuire hergenommen:
Von Cuire ist Curîe gekommen.
Und fürwahr, es ward den Hunden
Zum Frommen erfunden
Dieser Brauch, der sie erfreut;
Denn was man auf die Cuire streut
Schmeckt ihnen süß, des Blutes wegen,
Und reizt sie noch, der Jagd zu pflegen.
Schaut nun diese Bastkunst an,
Es ist kein andrer Witz daran:
Seht, wie sie euch gefalle.«
»Ach Herre«, riefen Alle,
»Was sagst du, seliges Kind?
Wir sehn wohl, diese Künste sind
Den Bracken und den Hunden
Zu großem Frommen erfunden.«

(Vers 2788-2920)