Bruchzeichen - Bruch - Brüche
Bruchzeichen sind grüne Zweige bzw. Äste, die den Jägern als Beute- oder Standeszeichen oder als Weisungen im Revier dienen. Bruchzeichen werden auch Bruch genannt. Es handelt sich um einen abgebrochenen, grünen Zweig bestimmter - bruchgerechter - Baumarten (Bruchholzart), die früher zur Verständigung bzw. Markierung verwendet wurden, heute symbolischen bzw. ästhetischen Charakter haben.
Teilweise werden Brüche befegt, d.h. Rinde und Triebe werden mit dem Messer abgeschabt, entweder um eine Differenzierung zu anderen Brüchen vorzunehmen oder nur eine erhöhte Signalwirkung zu erreichen.
Wegen der besseren Sichtbarkeit werden bei Brüchen die auf den Boden gelegt werden (Haupt-, Leit- und Fährtenbuch), die Zweige mit der Unterseite nach oben gelegt.
Als Regel kann man sich merken, dass halbarmlange Brüche sich immer auf Wild beziehen und armlange Brüche immer auf Jäger.
Krünitz führt unter Bruch an:
"Bruch, bei den Jägern, heisst:
- 1) diejenige Stäte, wo man die lezte Spur eines Thieres gesehen hatund wo sich folglich dasselbe befinden muss. Sodenn bedeutet es auch
- 2) ein Stück Eichen= oder Büchenreis, dergleichen sich die Jäger, nach vollendetem Jagen, auf die Hüte steckenund worauf auch das gefällete Wild geleget wird. Endlich
- 3) belegen die Jäger mit diesem Namen ein abgebrochenes grünes Aestlein, womit sie den Hund caressirenund die Fährte verbrechen.
Die Jäger pflegen auch denjenigen Ort, wo ein Thier angeschossen worden, mit einem Zweig oder Ast, oder auch mit dem Hute, zu bezeichnen, welches sie einen Bruch legen nennen; worauf man sodenn den Förstern oder dem Gerichtsherrn anzeiget, in welches Revier das angeschossene Wild getretenund den Befehl, wegen Verfolgung und Wegnehmung desselben, erwartet." (Band 7, Seite 14).
Bruchgerechte Baumarten
Wie oben bereits angegeben erwähnt Krünitz (1776) nur Eiche oder Buche als Bruch. Johann Gottfried Lentner (1833) bezeichnet den Bruch nur allgemein als belaubtes abgebrochenes Ästchen. Bei Georg Ludwig Hartig (1836) werden als Bruch nur Eichenzweige verwendet, die, wenn man sie nicht haben kann, durch jeden belaubten Zweig ersetzt werden können. Nach Ernst von Dombrowski (1894) kann als Bruch jeder abgebrochene grüne Baumzweig, einerlei ob von Laub- oder von Nadelholz, verwendet werden.
In den 1920er Jahren wurden die regionalen Jagdbräuche harmonisiert, bzw. einheitliche Regeln erlassen. Dabei wurde nicht nur Form und Bedeutung der Brüche verbindlich festgelegt sondern auch welche Baumarten Verwendet werden dürfen. Als Bruchgerechte Baumarten werden seitdem nur Eiche, Erle, Tanne, Fichte und Kiefer angesehen. Im Hochgebirge sind auch Lärche, Zwiebelkiefer, Latsche und Alpenrose üblich. Stehen diese nicht zur Verfügung, können auch jeder andere Baum- und Strauchart verwendet werden.
"Wer einen Bock in einem Weizenschlag streckt, kann ihn auch mit Ähren gerecht verbrechen. Das symbolische Handeln ist höherwertiger als das Verwenden eines bruchgerechten d. h. bestimmten, Holzes." (Roosen, 2001, S. 636)
Die Buche gilt nicht als bruchgerechte Holzart, da ihre Frucht, die Buchecker, im Gegensatz zu Eicheln und Fichtenzapfen kein Fruchtbarkeitssymbol darstellt.
Brucharten
Streckenbrüche
- Inbesitznahmebruch (Streckenbruch, Wildbruch)
Der Inbesitznahmebruch bedeutet, dass der Schütze das - vormals herrenlose - Schalenwild in Besitz genommen hatund zeigt an, dass es von einem Jagdberechtigten und nicht von einem Wilderer gestreckt wurde. Er ist ausserdem symbolisch der letzte Gruss des Jägers. Bei der Inbesitznahme wird das Stück auf die rechte Seite gelegt und der Inbesitznahmebruch, ein etwa halbarmlanger, ungefegter Zweig, so auf den Wildkörper gelegt, dass bei männlichen Stücken das angebrochene Ende, bei weiblichen Stücken das gewachsene Ende nach dem Haupt zeigt.
- Letzter Bissen
Der letzte Bissen wird dem erlegten männlichen Schalenwild, in Bayern und Österreich auch dem Auerwild, Birkwild, Haselwild und Murmeltier in den Äser, das Gebrech oder den Schnabel gesteckt.
Vermutlich wurde der letzte Bissen früher auch weiblichem Wild gegeben um beim Abtransport des Wildes, z.B. wenn man es über der Schulter trägt, das Austreten des Schweißes aus dem Äser, Gebrech oder Schnabel zu verhindern. - Erlegerbruch - bzw. Schützenbruch (in Österreich Beutebruch)
Der Erlegerbruch wurde früher nur dem Erleger eines Rothirsches oder eines starken Keilers überreicht, heute jedoch auch dem Erleger eines Stückes Schalenwildes, Auer- oder Birkwildes, eines Trapphahnes, Fuchses oder Murmeltieres. Der Schützenbruch wird in der Regel vom Jagdherrn, bei der Pirsch vom Jagdführer, bei einer Nachsuche vom Schweißhundeführer überreicht.- Einzeljagd
Auf der Einzeljagd benutzt der Erleger einen handtellergroßen Zweig mit Schweiß und steckt sich diesen rechts an den Hut.
Der Jäger trägt einen Erlegerbruch für alles Schalenwild und andere, eher selten zur Strecke kommende Wildarten, wie Murmeltier, Auer- und Birkhahn und Haselhahn sowie für den Treibjagdfuchs oder Schnepfe.
Der Bruch bleibt einen Tag lang am Hut. Es wird immer nur ein Bruch getragen. - Gesellschaftsjagd
Bei Gesellschaftjagden überreicht der Jagdleiter den Bruch. Entweder überreicht er ihn auf seinem Hut, dem Waidblatt oder dem Hirschfänger. Die Klinge zeigt dabei nicht auf den Erleger.
Der Schützenbruch wird mit dem Schweiß des erlegten Stückes benetzt und vom Jagdherrn bzw. Jagdleiter beim Streckelegen vor dem Verblasen der Strecke, dem Erleger auf dem abgenommenen Hut oder auf der blanken Klinge des Hirschfängers (Bruchstelle in Richtung Erleger) mit einem Waidmannsheil überreicht. Alle anwesenden Jäger entblössen dabei das Haupt. Der Erleger ergreift den Schützenbruch mit der linken Hand und drückt dem Übergebenden mit einem Waidmannsdank die Hand. Der Schützenbruch wird - im Gegensatz zum Trauerbruch - auf der rechten Seite des Hutes angesteckt. In der Regel wird der Schützenbruch nur am Erlegungstag getragen bzw. bei einer Nachsuche an dem Tag, an dem das Wild zur Strecke kam. - Nachsuche
Wird der Schützenbruch nach erfolgreicher Nachsuche vom Schweißhundeführer überreicht, sollte der Erleger von seinem Bruch einen Teil abbrechen und an den Hundeführer zurückgeben, der diesen an die Halsung des Hundes steckt. Mit dieser Geste soll angedeutet werden, dass auch Hundeführer und Hund am Zur-Strecke-Kommen des Stückes wesentlichen Anteil haben.
- Einzeljagd
Das Befestigen des Erlegerbruches an dem Hut bezeichnet man als Aufstecken.
Verständigungsbrüche
- Hauptbruch
Der Hauptbruch ist armlang und bedeutet Achtung. Er verweist immer auf weitere, dort befindliche Brüche. Wird er von einem Jäger entdeckt, bedeutet dies für ihn, dass er sich umsehen und suchen soll, wo etwas los ist. Da vom Hauptbruch eine Signalwirkung ausgehen soll, wird mit dem Waidmesser etwas Rinde abgeschält, damit er besser auffällt. Der befegte Zweig wird gut sichtbar aufgehängt oder auf den Boden gelegt. - Leitbruch
Der Leitbruch ist halbarmlang und soll auf etwas hinleiten, z.B. zum Anschuss oder zum gestreckten Wild. Wie der Hauptbruch wird auch der Leitbruch befegt. Die gewachsene Spitze zeigt dem Jäger die entsprechende Richtung an. In manchen Teilen Österreichs auch das gebrochene Ende.
siehe auch: Anhatz - Anschussbruch
Mit dem Anschussbruch bezeichnet man die Stelle, an der das Schalenwild den Büchsenschuss erhielt. Die Anbringung des Anschussbruchs ist von großer Bedeutung, weil er zum einen das Finden der Pirschzeichen erleichtert und zum anderen die für die Nachsuche wichtige Ausgangsstelle markiert. Er ist wie der Leitbruch halbarmlang, wird jedoch nicht befegt. Das abgebrochene Ende wird senkrecht in den Boden gesteckt. Der Anschuss heute mit Signalband oder Papiertaschentuch "verbrochen", damit er z.B. auch bei Schneefall noch gut gesehen werden kann. - Fährtenbruch
Fährtenbrüche sind Bruchzeichen die bei künstlichen sowie natürlichen Wundfährten Verwendung finden.
Der Fährtenbruch ist i.d.R. eine Ergänzung zum Anschussbruch. Der nichtbefegte aber angespitzte, halbarmlanger Zweig wird auf den Boden gelegt und das angespitzte Ende kennzeichnet die Fluchtrichtung des Wildes.
Es gibt auch die Unterscheidung, dass das angespitzte Ende bei männlichen Wild die Fluchtrichtung kennzeichnet und bei weiblichem Wild das gewachsene Ende. Um Missverständnisse auszuschliessen, wird der Fährtenbruch geäftert, d.h., es wird ein kleinerer Bruch quer hinter den Fährtenbruch gelegt. Ist die Fluchtrichtung unbekannt bzw. unsicher, werden zwei kleine Querbrüche hinter den Fährtenbruch gelegt. Der Fährtenbruch wird doppelt geäftert.
Der Fährtenbruch kann auch eine Stelle markieren, an der das Wild zuletzt gesehen wurde.
siehe auch: Aftern, Aufdecken
- Standplatzbruch
Der armlange Standplatzbruch bezeichnet bei Waldjagden den Stand des Schützen. Der Standplatzbruch wird aufrecht in die Erde gesteckt, nachdem ihm die untersten Queräste entfernt worden sind, so dass er halb kahl ist. Zwischen diesem Standplatzbruch, den er unmittelbar vor sich hatund dem Hauptbruch, der so gelegt wird, dass die gewachsene Spitze die Folge anzeigt, nimmt der Schütze seinen Stand ein. Der Hauptbruch als Folgebruch zeigt dem Schützen somit die Richtung an, in die er sich nach Beendigung des Triebes begeben muss. Der Standplatzbruch wird heutzutage oft durch ein numerisches Schild ersetzt. - Wartebruch
Der Wartebruch besteht aus zwei gekreuzt übereinandergelegten, armlangen unbefegten Zweigen, die auf den vereinbarten Platz gelegt werden. Mit dem Wartebruch verständigen sich (früher) die Jäger. Der Wartebruch wird verwendet, wenn sich Jäger miteinander zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort verabredet haben.
Warten aufgegeben / Folgebruch
Wenn die unteren zweit Drittel des Wartebruches befegt sind, bedeutet dies, dass das Warten aufgegeben wurde, wobei die gewachsenen Spitzen die Abmarschrichtung anzeigen. Somit weiss man, dass der andere bereits hier war, jedoch wieder weg musste. - Sammelplatzbruch
Drei nebeneinander mit jeweils zwei über kreuz gelegte Wartebrüche bedeuten Sammelplatz mit der Bedeutung: bitte hier warten.
Bei Gesellschaftsjagten wird der Sammelplatz mit drei etwa 1 Meter langen gefegten und in Pyramidenform zusammen gestellten Brüchen gekennzeichnet. - Warnbruch
Durch den Warnbruch wird auf eine Gefahr hingewiesen, z.B. auf eine aufgestellte Falle oder auf einen beschädigten Hochsitz. Der Warnbruch sollte so angebracht werden, dass er nicht übersehen werden kann. Der Warnbruch muss deshalb ähnlich wie der Hauptbruch recht auffällig gemacht werden. Er wird mit dem Waidmesser bis auf einige kleine Zweige an der Spitze völlig abgeschält, so dass das Holz hell leuchtet. Er wird an weit sichtbarer Stelle, entweder rund gebogen oder zur Schlinge geformt, an einen Baum angebracht.
Schmuckbrüche
- Trauerbruch, Standesbruch, Festbruch
Der Trauerbruch oder Festbruch ist ein Nadelholz-Dreispross oder Laubholzzweig bescheidener Größe und wird bei Jägerveranstaltungen, feierlichen Anlässen oder beim Begräbnis an der linken Seite des Hutes getragen. Der Trauerbruch wird örtlich auch mit der Nadelunterseite ("gewendet„) nach außen getragen. - Letzter Bruch
Ein Zweig, der dem Waidmann ins Grab gelegt wird. - Sonstige
Die auf dem Sammelplatz ausgelegten Zweige, auf denen das erlegte Wild zur Strecke gelegt wird, gehören auch zu den Schmuckbrüchen.
siehe auch: Aufdecken, Jagdliches Brauchtum, Jagdsignale
Literatur
- Dombrowski, Ernst von: Deutsche Waidmannssprache. Mit Zugrundelegung des gesamten Quellenmaterials für den praktischen Jäger bearbeitet. Berlin: Neumann-Neudamm, 1894
- Frevert, Walter: Das jagdliche Brauchtum. Jägersprache, Bruchzeichen, Jagdsignale und sonstige praktische Jagdgebräuche. Berlin: 1936
- Günther, J. O. H.: Vollständiges Taschen-Wörterbuch der Jägersprache. Für Jäger und Jagdfreunde. Jena, 1840
- Harling, Gert G. von: Lebendiges Brauchtum. in: ABC der Jagdkultur, Die gegenwärtige deutsche Jagdkultur in Schlagworten, Forum lebendige Jagdkultur (Hrsg.), cw Nordwest Media Verlag, Grevesmühlen 2014, S. 17-45
- Hartig, Georg Ludwig: Lexikon für Jäger und Jagdfreunde oder waidmännisches Conversations-Lexikon, 1836. Zweite vielfach vermehrte und verbesserte Auflage herausgegeben von Dr. Theodor Hartig. Mit sieben lithographirten Tafeln, nach der Natur gezeichnet von Robert Hartig. Berlin, Nicolaische Verlagsbuchhandlung. (G. Parthey.) 1861.
- Heil, Frank: Hinweise für den Kundigen. In: Deutsche Jagd-Zeitung, 2/1993, S. 33
- Kern, Rudolf: Der Bruch im Jagdgebrauch. In: Der oberösterreichische Jäger, September/2010, S. 57-58
- Krünitz, Johann Georg: Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft. 242 Bände. Berlin, 1773-1858, Band 7, S. 14 (1776)
- Lentner, Johann Gottfried: Taschenbüchlein der Jagdsprache. In alphabetischer Ordnung. Quedlinburg, 1833
- Roosen, Rolf: Jagdliches Brauchtum. In: Blase: Die Jägerprüfung (Kap. 8). 27. Aufl. 2001. S. 629-654
- Stahl, Dietrich: Vom jagdlichen Brauchtum in der Praxis. 2. Aufl. (Mit 9 Zeichnungen von Karl Hellmut Snethlage). Bonn: Herausgeber Deutscher Jagdschutz - Verband e. V., 1993
- Steinbach, Hans Joachim: Zeichensprache der Jäger. In: Deutsche Jagd-Zeitung, 12/1997, S. 37
- Steinbach, Hans Joachim: Brüche im Revier. In: Deutsche Jagd-Zeitung, 12/1997, S. 38