Zahnalterslehre
Die Altersbestimmung des erlegten Haarwildes beruht vorwiegend auf der Zahnalterslehre, die die Zahnentwicklung und -abnutzung beschreibt. Sie gilt als die sicherste Methode zur Ermittlung des ungefähren Alters des erlegten Haarwildes, besonders des zur Familie der Hirsche (Cervidae) zählenden Schalenwildes und des Schwarzwilds. Bei Schalenwild, das zur Familie der Hornträger (Bovidae) wie z.B. Gamswild, Muffelwild und Steinwild zählt, ist das Alter bei erlegten Stücken sehr genau an den Jahresringen bzw. -wülsten des Kopfschmuckes zu ermitteln.
In ihrer Gestalt und in ihrer Funktion sind die einzelnen Zähne sehr unterschiedlich. Unterschieden wird zwischen einem Wiederkäuergebiss, mit dem die Äsung nur abgerupft und später wiedergekäut wird (Rotwild, Damwild, Elchwild, Rehwild, Sikawild, Muffelwild und Gamswild)und einem Allesfressergebiss (z.B. beim Schwarzwild).
Die Zähne werden wie folgt eingeteilt:
- Die Schneidezähne (denies incisivi = I) dienen zum Abschneiden der Äsung. Sie sind in einem Gebiss die vordersten Zähne. Im Regelfall sind sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer sechs Schneidezähne vorhanden. Beim Rot-, Dam-, Elch-, Sika-, Reh-, Stein-, Muffel- und Gamswild fehlen sie jedoch im Oberkiefer, an deren Stelle befindet sich eine harte Gaumenplatte. Die mittleren Schneidezähne im Unterkiefer werden auch als Zangen bezeichnet.
- Bei den beiden äußersten (vierten) Zähnen in der Schneidezahnfront des Unterkiefers der vorgenannten Wildarten (Wiederkäuer) handelt es sich um die Eckzähne, die auf Grund der gleichen Funktion morphologisch nicht von den Schneidezähnen zu unterscheiden sind, jedoch unterschiedlich gestaltet sein können. Beim Rot- und Sikawild sind sie im Oberkiefer meist als die zwei sogenannte Grandeln (Jagdtrophäe) vorhanden, bei den übrigen Wiederkäuern fehlen sie fast immer und kommen gelegentlich nur beim Dam- und Rehwild vor. Beim Schwarzwild (Keiler) bilden diese Eckzähne im Unterkiefer die Gewehre, im Oberkiefer die Haderer. Bei der Bache werden die Eckzähne im Ober- und Unterkiefer Haken genannt. Beim Raubwild werden sie sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer als Fangzähne bezeichnet. Der Abstand (Lücke) zwischen den Eck- und Backenzähnen nennt sich Diastema.
- Mit der Backenzahnreihe wird die Äsung zerkleinert. Sie beginnt nach der Diastema mit den vorderen Backenzähnen (praemolares = P), denen sich die hinteren Backenzähne oder Mahlzähne (molares = M) anschliessen. Während die Schneidezähne (I), die Eckzähne (C) und die Prämolaren (P) beim Jungwild als Milchzähne erscheinen und erst später durch Dauerzähne ersetzt werden, erscheinen die Molaren (M) nur als Dauerzähne; Ausnahme Schwarzwild: Bei diesem erscheint auch der erste Prämolar (P) als Dauerzahn. Beim Schalenwild kommen in jeder Kieferhälfte sowohl im Ober- als auch im Unterkiefer drei Prämolaren (beim Schwarzwild häufig vier) und drei Molaren vor. Beim erwachsenen Haarraubwild stellen die vierten Prämolaren im Oberkiefer und die ersten Molaren im Unterkiefer die Reisszähne dar.
Die einzelnen Zähne werden mit den Anfangsbuchstaben ihres lateinischen Namens (I, C, P, M) und mit arabischen Ziffern (z.B. P 1, P 2, P 3), die die Stellung innerhalb eines Kieferastes in der Zahnreihe angeben, bezeichnet. Bei den Oberkieferzähnen werden die Ziffern zum Buchstaben hochgestellt (z.B. P1), bei den Unterkieferzähnen tiefgestellt (z.B. P1). Mit dieser Zahlen-Buchstaben-Kombination werden für die einzelnen Wildarten die Zahnformeln erstellt, die Anzahl und Stellung der Zähne im Oberkiefer und, durch einen Bruchstrich getrennt, ebenso die Zähne im Unterkiefer bezeichnet. Die komplette Zahnformel für Rehwild (Dauergebiss) lautet z.B.: oben: P1 P: P2P: P3P: M1M: M2M: M3M, unten: I1I: I2I: I3I: CC: P1P: P2P: P3P: M1M: M2M: M3M
In der international verwendeten Zahn- und Gebissformel werden jeweils die Incisivi (I), Canini (C), Prämolaren (P) und Molaren (M) zu einer Zahlengruppe zusammengefasst und in Kurzform wie folgt angegeben
0033
------ 32 = Rehwildgebiss
4033