Wisent oder Europäisches Bison (Bison bonasus bonasus)
Kurzinfo |
Das Wisent gehörte schon während der letzten Eiszeit zu den für den Menschen bedeutenden Tieren. Dies zeigt sich in den Höhlenmalereien in Lascaux in Südfrankreich, die auf ein Alter von 9000 bis 15000 Jahren datiert wurden. Dort ist er mit anderen Tieren wie Rindern, Pferden, Steinböcken und Wildkatzen dargestellt. |
Lateinischer Name |
Bos bonasus, Linnæus 1758 |
Männliches Tier |
Bulle, Stier |
Entwicklung | |
Weibliches Tier | Kuh |
trächtiges Tier | |
Entwicklung | |
Nachwuchs | Kalb |
mehrere Tiere | Herde |
Wissenswertes |
In der Wisentzucht unterscheidet man also zwei Zuchtlinien: die Flachlandlinie (Bison bonasus bonasus) und die Flachland-Kaukasus-Linie, die Kreuzung aus Flachlandwisent und Bergwisent. der letzte freilebende Wisent wurde 1927 im Kaukasus geschossen. Alle heute lebenden Wisente stammen von nur zwölf in Zoos und Tiergehegen gepflegten Wisenten ab. |
Erbgut |
Analysen der DNA des amerikanische Bison und der europäische Wisentergaben jedoch, dass Wisente und amerikanische Bisons sich genetisch teilweise stark voneinander unterscheiden, obwohl beide Formen untereinander uneingeschränkt kreuzbar sind. Während Bisons und Wisente in den paternal vererbten Y-Chromosomen stark übereinstimmen, gibt es bei der Sequenz der maternal vererbten mitochondrialen DNA erhebliche Unterschiede. So bildet der amerikanische Bison bezüglich der mitochondrialen DNA eine Einheit mit dem Yak, während der Wisent hierin mit dem Auerochsen übereinstimmt. Eine mögliche Erklärung hierfür wäre, dass prähistorische Bisonbullen sich einst mit Verwandten des Auerochsen oder deren Vorfahren kreuzten und so die Vorfahren des Wisents hervorbrachten, der nach dieser Hypothese eine Hybridspezies darstellt.[9] Insgesamt deuten diese Untersuchungen darauf hin, dass die Gattungen Bos und Bison paraphyletisch sind und damit zu einer einzigen Gattung Bos zusammengeführt werden müssten. Wisente können verhältnismäßig schnell galoppieren und erreichen im Sprint bis zu 60 km/h.[37] Sie können eine so hohe Geschwindigkeit jedoch nur über weniger als 100 Meter halten und müssen in der Regel anschließend schwer atmend pausieren. Typischer ist für sie ein langsames Gehen, wobei das Körpergewicht erst dann auf das vordere Bein verlagert wird, wenn dieses fest auf dem Boden steht,[38] die Schrittlänge beträgt dabei etwa 75 bis 115 Zentimeter.[28] Sie sind jedoch so wendig und geschickt, dass sie bis zu zwei Meter hohe Hindernisse und drei Meter breite Gräben überspringen können. |
Aussehen / Körperbau |
Größe Männchen |
Die Kopf-Rumpflänge beträgt bei Bullen, die älter als sechs Jahre sind, bis zu drei Meter. Ihre Widerristhöhe kann bis zu 1,88 Meter betragen. Wisentkühe erreichen eine Widerristhöhe von maximal 1,67 Meter und eine Kopf-Rumpflänge von 2,70 Meter. |
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Gewicht |
Geschlechtsreife Wisentbullen sind wesentlich schwerer und größer als ausgewachsene Kühe. Der auffällige Gewichtsunterschied zwischen Männchen und Weibchen entwickelt sich erst ab dem dritten Lebensjahr. Kuhkälber wiegen bei Geburt durchschnittlich 24 und Stierkälber 28 Kilogramm.[20] In den ersten drei Lebensmonaten verdoppelt sich das Gewicht und beträgt am Ende des ersten Lebensjahres durchschnittlich 175 Kilogramm bei Kühen und 190 Kilogramm bei Bullen. Mit vier Jahren bringen in Gehegezucht gehaltene Bullen dagegen bereits 500 Kilogramm auf die Waage, während die Kühe bei durchschnittlich 400 Kilogramm liegen. Der schwerste in polnischer Gehegezucht gehaltene Bulle erreichte ein Körpergewicht von 920 Kilogramm. Die freilebend im Białowieżaer Reservat gehaltenen Wisente sind dagegen deutlich leichter. Vierjährige Bullen haben ein durchschnittliches Gewicht von 467 Kilogramm, während Kühe 341 Kilogramm wiegen. Der schwerste freilebende Bulle wog 840 Kilogramm. |
Sinne |
Das Sehvermögen von Wisenten ist nicht sonderlich gut ausgeprägt, dagegen ist ihr Geruchssinn gut entwickelt. So finden versprengte Mitglieder einer Herde zu ihr zurück, indem sie den Fährten der Herdenmitglieder folgen. Ähnlich folgt ein Bulle einer Herde von Kühen, indem er die Fährten der Kühe erschnuppert. |
Das Lautrepertoire der Wisente ist nicht sehr groß. Charakteristische Laute sind ein brummendes Knören und bei Erregung ein scharfes Prusten.[30] Kühe sind in der Lage, ihre Kälber anhand der Stimmen zu identifizierenund Kälber können auch innerhalb größerer Herden ihre Mütter anhand deren Stimme finden. <audio src="http://jagenlernen.com/images/Fauna/Saeuger/Rotwild/HirschkuhMahnen.mp3" controls ></audio> |
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Herkunft |
Die ursprüngliche Verbreitung des Wisents umfasste einen großen Teil des europäischen Kontinents. In vor- und frühgeschichtlicher Zeit reichte sein Verbreitungsareal vom Norden Spaniens über Mitteleuropa und den Süden der skandinavischen Halbinsel bis ins Baltikum; von der Rigaer Bucht verlief die Verbreitungsgrenze südostwärts bis ans Schwarze Meer und zum Kaukasus. Die Verbreitung reichte im Kaukasus vom Meeresniveau bis in eine Höhe von 2100 Metern.[39] Im Süden reichte das Vorkommen wohl noch im Holozän bis in den nördlichen Iran. Im Norden erreichte der Wisent Finnland und das Gebiet von Nowgorod. Im frühen Mittelalter war er offenbar noch in den Waldsteppen östlich des Ural, bis ins Altaigebirge und zum Baikalsee verbreitet. |
Ihr Lebensraum sind gemäßigte Laub-, Nadel- und Mischwälder. Der Lebensraum der Wisente sind ausgedehnte Laub- und Mischwälder mit einem ausgeprägten Mosaik unterschiedlich dichter Vegetationsstrukturen. Reine Nadelwälder werden nur selten aufgesucht, Mischwäldern wird aber der Vorzug vor reinen Laubwäldern gegeben.[68] Eine Vorliebe zeigen Wisente für Erlenbruchwälder. |
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Territorium |
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Lebensweise |
Wisente sind Herdentiere. Lediglich ältere Bullen leben meist einzelgängerisch, während junge Bullen sich gewöhnlich zu kleinen Gruppen zusammenschliessen. Die typische Wisentherde ist jedoch eine gemischte Gruppe, die aus Kühen, zwei- bis dreijährigen Jungtieren, Kälbern und während der Brunftzeit zeitweise auch erwachsenen Bullen besteht.[76] Die Gruppenzusammensetzung ist nur sehr selten über längere Zeit stabil. Herden vermischen sich, wenn sie aufeinandertreffenund wenn sie sich wieder trennen, ist häufig ein Teil der jeweiligen Gruppenangehörigen ausgetauscht.[77] Eine Herde wird von einer Leitkuh angeführt. Das Alter ist ein bestimmender Faktor für den Rang, wobei einzelne Kühe ihre Stellung zum Teil über mehrere Jahre innehaben, wie man aus Untersuchungen an freilebenden Herden weiss. Bullen, die während der Fortpflanzungszeit zu den Herden stossen, haben keinen Einfluss auf die Gruppenhierarchie. Ihre Anwesenheit dient lediglich der Fortpflanzung.[78] |
Nahrung und Nahrungserwerb |
Der Wisent ist ein typischer Raufutterverwerter (pflanzliche Nahrung mit Silikateinlagerungen). Dies unterscheidet ihn vom Rothirsch, der den sogenannten Intermediärtyp vertrittund vom Reh, das als sogenannter Konzentratselektierer nur energiedichte Pflanzenarten und -teile frisst. Die drei Arten sind deshalb keine Konkurrenten um Nahrungsressourcen. Die Literaturangaben über den täglichen Nahrungsbedarf eines ausgewachsenen Wisents reichen von 30 bis 60 Kilogramm.[72]
Wie für Wiederkäuer typisch ist der Tagesrhythmus von mehreren Phasen des Äsens und Ruhens bestimmt. Die Länge einer einzelnen Äsungsphase ist sehr variabel und kann von 15 Minuten bis zu fünf Stunden dauern.[84] Während der Vegetationsphase verbringen Wisente im polnischen Teil des Nationalparks etwa 60 Prozent ihrer Zeit mit Äsen, im weissrussischen Teil dagegen durchschnittlich 80 Prozent. Dieser Unterschied wird auf das unterschiedliche Nahrungsangebot zurückgeführt.[85] Die erste Äsungsphase beginnt bei Sonnenaufgang, die letzte spielt sich während der Abenddämmerung ab. Bei den im Nationalpark Białowieża untersuchten Wisenten sind während des Tages zwei weitere Äsungsphasen zu beobachten. Länge und Zeitpunkt sind abhängig vom Wetter, von der Belästigung durch Insekten, der Qualität des Nahrungsangebots und der Störung durch Menschen. Im weissrussischen Teil des Nationalparks, der den Tieren eine weniger gute Nahrungsbasis bietet, äsen die Wisente auch nachts. Auch im polnischen Teil des Nationalparks verschieben Wisente bei hohen Tagestemperaturen ihre Äsungsphase in die Abend- und Nachtstunden und ruhen während des Tages.[86] |
Zusammenleben |
Geschlechtsreife Bullen halten sich nur während der Brunftzeit bei den Herden auf. Wisente haben ein polygynes Paarungssystem: Ein Bulle deckt mehrere Kühe. In der Regel bestehen die Harems aus zwei bis sechs paarungsbereiten Kühen.[88] Die Brunfterscheinungen bei den Weibchen sind nicht sehr auffällig. Die Kühe sind lediglich etwas unruhiger. Bullen sind dagegen deutlich aggressiver und vertreiben beispielsweise auch kleine Vögel, die in der Nähe nach Insekten suchen. Auch Kälber werden gelegentlich von ihnen angegriffen.[89] |
Die Kühe tragen in der Regel nur einzelne Kälber aus, welche meistens zwischen Mai und Juli geboren werden. Die Tragezeit beträgt durchschnittlich etwa 264 Tage.[94] Auf Grund der geringen Größe der Kälber und des Körperbaus der Kühe sind Trächtigkeitsanzeichen bei den Kühen nur schwach sichtbar. |
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Nachwuchs |
Freilebende Kühe gebären ihr erstes Kalb in der Regel im vierten Lebensjahr. Sie bleiben bis ins hohe Alter fruchtbar. Kühe, die noch mit 20 Jahren Kälber werfen, sind auch in der freien Haltung keine Seltenheit.[87] Unter natürlichen Umständen kalben die Kühe durchschnittlich alle zwei Jahre. In Gehegehaltung, wo das Futter ganzjährig reichlich zur Verfügung steht, werfen viele Kühe auch jährlich. |
Natürliche Feinde |
Wolf, Wölfen, Luchs, Steinadler, Uhu Eine Bedeutung als Fressfeind haben heute lediglich Wölfe und Luchse.[99] Als großes Herdenwild ist der Wisent für diese Arten jedoch nur schwer zu erbeuten. Am ehesten werden noch Kälber gerissen. |
Infektionskrankheiten |
http://elib.tiho-hannover.de/dissertations/doepkec_2002.pdf Lungenwürmer sowie Wilderei die häufigsten Todesursachen. Bestandsbedrohend können sich ansteckende Krankheiten wie Maul- und Klauenseuche, Wild- und Rinderseuche sowie Rindertuberkulose auswirken. Wisente sind besonders gefährdet, sich mit dem Virus der Maul- und Klauenseuche anzustecken. |