Marder (Mustelidae)
Marder |
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Lateinischer Name |
Mustelidae, G. Fischer 1817 |
Klasse |
Säugetiere (Mammalia, Linnæus 1758) |
Überordnung |
Laurasiatheria (Waddell, Okada & Hasegawa, 1999) |
Überfamilie |
Hundeartige (Canoidea), Simpson 1931 |
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Marder sind mit rund 20 Gattungen und 58 Arten die artenreichste Familie der Raubtiere. |
Allgemeines und Merkmale |
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Wissenswertes |
Die Marder sind eine Familie hundeartiger Raubtiere zu der unter anderem auch Otter, Dachse, Iltisse, Nerze und Wiesel gehören, aber landläufig die Echten Marder mit Steinmarder und Baummarder gemeint sind. Die Familie wird in folgende Unterfamilien aufgeteilt:
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Merkmale |
Für die meisten Marder ist ein langgestreckter, schlanker und geschmeidiger Körperbau typisch, lediglich Dachse und Vielfraße sind stämmig und eher plump gebaut. Das Fell ist meist vorwiegend braun oder schwarz gefärbt, bei einigen Arten sind Flecken, Streifen oder Kehlzeichnungen vorhanden. Mehrere Arten besitzen auffällige Gesichtszeichnungen aus kontrastierenden hellen und dunklen Bereichen. So zeigen etwa die eurasischen Dachse ein Muster aus schwarzen und weißen Bändern, deren Nutzen nicht ganz klar ist. Einige Arten, wie etwa der Tigeriltis, der Zorilla oder das Libysche Streifenwiesel, sind am ganzen Körper auffällig gezeichnet. Diese Marder sind in der Lage, stinkende Flüssigkeiten aus ihren Analdrüsen auszustoßen. Nördliche Arten, wie das Hermelin, das Langschwanzwiesel und das Mauswiesel, sind in der Lage, die Fellfarbe im Verlauf der Jahreszeiten von weiß im Winter zu braun im Sommer zu wechseln. Dieser extreme Farbwechsel findet allerdings nur in den nördlichen Verbreitungsteilen dieser Arten statt. Die Färbung wird über Hormone gesteuert und hängt von der Tageslichtmenge und der Temperatur ab. Der Schwanz der meisten Marder ist relativ lang und dicht behaart. Dachse besitzen allerdings nur kurze Schwänze und kurz sind auch die Gliedmaßen. Jeder Fuß trägt fünf gebogene, nicht einziehbare Krallen. Der Schädel ist durch eine kurze Schnauze und kleine Ohren charakterisiert. Die Anzahl der Zähne variiert je nach Art von 28 bis 38, ein charakteristisches Merkmal ist der Verlust des zweiten oberen Molars. Die meisten Marder haben gut entwickelte Analdrüsen, ähnlich den Skunks, deren Sekret zur Reviermarkierungund bei einigen Arten auch zur Verteidigung eingesetzt werden kann. Die Analdrüsen sind bei den Ottern schwach ausgebildet und fehlen beim Seeotter scheinbar ganz. Alle Marder tragen Tasthaare, die insbesondere bei den Ottern sehr stark ausgeprägt sind um auch unter Wasser vom Kopf abzustehen. Der Körperbau der verschiedenen Marder entspricht ihrer Jagd- und Lebensweise. Während die Wiesel Zehengänger sind, sind Dachse echte Sohlengänger. Einige baumlebende Vertreter der Familie, wie die Marder (Martes), bewegen sich teilweise auf den Sohlen, teilweise auch auf den Zehen. Wiesel und Iltisse sind langgestreckt, um Kleintieren in unterirdische Gänge folgen zu können. Dachse leben ebenfalls zum Teil unterirdisch und besitzen einen gedrungenen Körper und kräftige Grabklauen. Baumbewohnende Marder kennzeichnen sich durch scharfe Kletterkrallen und lange Schwänze, die als Balancierorgan dienen. Die halbaquatischen und aquatischen Marder, wie etwa Otter und Nerze zeichnen sich durch langgestreckte, torpedoförmige Körper und kräftige Ruderschwänze aus, die teilweise sogar seitlich abgeflacht sind. Die Beine der Wassermarder sind kurz und mit Schwimmhäuten versehen. Allerdings besitzen die Nerze nur unvollständige Schwimmhäute. Am stärksten ans Wasserleben angepasst ist der Seeotter, dessen Hinterfüße an die von Robben erinnern. Im Vergleich zu anderen Raubtieren sind die meisten Marder eher klein, der Größenunterschied zwischen den kleinsten und größten Mitgliedern dieser Familie ist jedoch beträchtlich: Er reicht vom winzigen Mauswiesel, dem mit etwa 25 g Körpergewicht kleinsten Vertreter der Raubtiere überhaupt, bis zu den Seeottern, Riesenottern und Vielfraßen, die ein Gewicht von über 30 Kilogramm erreichen können. Die meisten Arten weisen einen ausgeprägten Geschlechtsdimorphismus hinsichtlich der Körpergröße auf, Männchen werden im Schnitt um 25 % schwerer als Weibchen. Männliche Marder besitzen einen Penisknochen, der bei den verschiedenen Arten unterschiedlich geformt ist. Das Gebiss ist sehr variabel und seine Ausprägung hängt von der Ernährungsweise ab. Je nach Art besitzen die Marder 28 bis 38 Zähne. Alle besitzen das für Raubtiere typische Scherengebiss, das aus dem vierten oberen Prämolaren und dem ersten unteren Molar gebildet wird. Diese sind bei spezialisierten Fleischfressern wie den Wieseln besonders scharf, während sie bei anderen kräftig angelegt sind und eine regelrechte Brechschere bilden um harte Schalen aufzubrechen. Insbesondere der Seeotter, der Kapotter und der Zwergotter, die größtenteils von Schalentieren leben, besitzen starke Reißzähne, die an Backenzähne erinnern. Bei diesen Arten sind auch die Backenzähne selbst besonders kräftig ausgebildet. Die Eckzähne der Marder sind lang, die Schneidezähne unspezialisiert. |
Verbreitung |
Marder sind nahezu weltweit verbreitet, sie fehlen lediglich im australisch-ozeanischen Raum, auf Madagaskar, den karibischen und anderen abgelegenen Inselgruppen sowie in der Antarktis. Die Mehrzahl der Marderarten kommt in Eurasien vor. Afrika beherbergt neun Arten von Mardern, Südamerika ist Heimat von vier verschiedenen Ottern, zwei Grisons (Gattung Galictis), des Patagonischen Wiesels sowie von drei Mustela-Arten. Dazu kommt die Tayra, die auch die südlichsten Teile Nordamerikas besiedelt. Auch der Südamerikanische Fischotter und das Großgrison bewohnen neben Südamerika teile Mittel- und damit Nordamerikas. Darüber hinaus kommen in Nordamerika Silberdachs, Vielfraß, Fichtenmarder, Fischermarder, Nordamerikanischer Fischotter, der Mink und vier Wiesel- beziehungsweise Iltisarten (Gattung Mustela) vor. Auf Neuseeland wurden die beiden Marderarten Hermelin und Mauswiesel durch den Menschen angesiedelt. |
Marder bewohnen eine Vielzahl von Habitaten, wie gemäßigte und boreale Wälder, sowie tropische Regenwälder, Steppen, Savannen und Tundragebiete. Allerdings dringen sie kaum in extrem trockene Lebensräume vor. Viele Arten sind auf die Nähe von Wasser angewiesen und leben entlang von Flüssen und Seen, einige auch an Meeresküsten. Bei den Ottern ist diese Affinität zum Wasser am stärksten ausgeprägt, der Seeotter bewohnt sogar das offene Meer des Nordpazifiks und kann als nahezu völlig aquatisch lebende Art gelten. Da Marder als relativ kleine Tiere von zahlreichen größeren Prädatoren bejagt werden, sind sie auf Unterschlüpfe als Ruhestätten angewiesen. Vielerorts kommen mehrere Marderarten nebeneinander vor. So leben auf den Britischen Inseln sieben Arten nebeneinander. |
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Lebensweise |
Die Mehrzahl der Marderarten ist dämmerungs- oder nachtaktiv, manche gehen jedoch auch am Tag auf Nahrungssuche. Als Ruheplätze verwenden viele Marder selbst gegrabene oder von anderen Tieren übernommene Baue oder andere Unterschlüpfe. Viele Arten sind Bodenbewohner oder dringen dank ihrer schlanken Gestalt bei der Jagd in unterirdische Baue ein, andere halten sich oft auf Bäumen auf. Es gibt zahlreiche ausgezeichnete Schwimmer unter den Mardern, insbesondere die Otter und die Nerze. Die meisten Marderarten sind ganzjährig aktiv. Dachse halten in nördlichen Gebieten jedoch eine Winterruhe, da ihre Nahrung dann schwer erreichbar ist. |
Sozialverhalten |
Marder sind eher einzelgängerische und territoriale Tiere, die ihre Reviergrenzen mit dem Sekret ihrer Analdrüsen, mit Urin oder Kot markieren. Der Geruchssinn ist sehr stark ausgeprägt und dient dem Finden von Beute und der Kommunikation mit Artgenossen, auch der Gesichts- und Gehörsinn sind gut entwickelt. Abgesehen von einigen Otterarten und dem Europäischen Dachs sind alle Marderarten Einzelgänger. Dabei verteidigen die Weibchen in der Regel Reviere, die groß genug sind um sich und ihren Nachwuchs zu ernähren. Die Reviere der Männchen sind größer und überlappen stets mit denen mehrerer Weibchen. Die Reviere der Männchen untereinander überlappen in aller Regel nicht, Weibchen sind toleranter, doch scheinen auch bei ihnen nur geringe Überschneidungszonen vorzukommen. Als Resultat entsteht ein jeweils intra-sexuelles Reviersystem, das mit dem des anderen Geschlechts stark überlappt. Die Gruppen der südamerikanischen Riesenotter bestehen meist aus einem züchtenden Paar und einigen Halbwüchsigen sowie dem Nachwuchs des jeweiligen Jahres. Seeotter leben in getrenntgeschlechtlichen Gruppen, die bisweilen erstaunlich groß sein können. So umfassen die Männchengruppen von Seeottern in Alaska bisweilen hunderte Tiere. Die Gruppen der Männchen sind im Gegensatz zu den Weibchengruppen nur periodisch stabil und lösen sich während der Paarungszeit auf. Europäische Dachse leben auf den Britischen Inseln teilweise in gemischtgeschlechtlichen Gruppen von bis zu 23 Tieren. Andernorts in Europa sind sie allerdings Einzelgänger oder leben paarweise. Marder sind in der Regel leise um keine Aufmerksamkeit von Jägern und potentiellen Beutetieren zu erregen. Lediglich beim direkten Aufeinandertreffen mit anderen Tieren oder Artgenossen ist Lautgebung häufiger zu beobachten. Zwergotter und Riesenotter, zwei Arten, die in Gruppen zusammen leben, verfügen über jeweils mehr als zwölf beziehungsweise neun verschiedene Laute, um sich zu verständigen. |
Fortpflanzung |
Die Trächtigkeitsdauer bei den Mardern beträgt in der Regel 30 bis 60 Tage, bei vielen Arten kommt es jedoch zu einer verzögerten Einnistung der befruchteten Eizelle in den Uterus, so dass zwischen Begattung und Geburt etliche Monate liegen können. In der Regel trägt das Weibchen nur einmal im Jahr einen Wurf aus. Neugeborene Marder sind Nesthocker, sie kommen blind und hilflos zur Welt, wachsen aber schnell. Bei den meisten Arten sind die Jungtiere nach zwei Monaten selbständig, die Geschlechtsreife tritt meist zwischen einem halben und zwei Jahren ein. Die Lebenserwartung in freier Natur beträgt üblicherweise fünf bis 20 Jahre. |
Nahrung |
Marder sind vorrangig Fleischfresser, je nach Art und Jahreszeit nehmen sie in unterschiedlichem Ausmaß aber auch pflanzliche Nahrung zu sich. Das Beutespektrum der Mitglieder dieser Familie ist – auch entsprechend ihrer Größe – beträchtlich. Gemeinsam ist vielen Arten jedoch, dass sie Beutetiere jagen, die oft erheblich größer sind als sie selbst. So erbeuten manche Wieselarten deutlich schwerere Kaninchenund der Vielfraß greift Tiere von der Größe eines Rentieres an. |
Bejagung |
Menschen haben zu vielen Marderarten ein zwiespältiges Verhältnis, einerseits verzehren diese viele als Schädlinge betrachtete Nagetiere und werden deswegen als Haustiere gehalten. Die Frettchen wurden zu diesem Zweck sogar aus den Iltissen domestiziert. Andererseits dringen sie auch manchmal in Geflügel- oder Hasenställe ein und reißen die dortigen Tiere. Sie sind auch als „Kabelbeißer“ gefürchtet (siehe Marderabwehr), obwohl dies nur bei einer Art, dem Steinmarder, vorkommt. Der Europäische Dachs ist darüber hinaus auf den Britischen Inseln als Überträger der Rindertuberkulose bekannt. Mancherorts wird einigen Marderarten noch heute vehement nachgestellt. So gelten Mauswiesel, Iltis und Steinmarder in einigen Regionen Frankreichs als Schadtiere, die legal in Fallen gefangen und getötet werden dürfen. Viele Marderarten, darunter Hermelin, Zobel und der Amerikanische Nerz, werden wegen ihres Pelzes gejagt. |
Literatur |
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