Jagdwild
Einteilung des Wildes
Im Jagdrecht und in der jagdlichen Praxis wird das Wild (wobei Überschneidungen auftreten) folgendermassen unterschieden:
-
Haarwild und Federwild
Zum Haarwild zählen die dem Jagdrecht unterliegenden Säugetiere. Als Federwild werden die dem Jagdrecht unterliegenden Vögel bezeichnet. -
Schalenwild
Das Schalenwild umfasst die dem Jagdrecht unterliegenden Paarhufer (Hornträger, Geweihträger und das Schwarzwild) – deren Klauen werden in der Jägersprache als Schalen bezeichnet. -
Hochwild und Niederwild
Zum Hochwild zählt nach Jagdrecht alles Schalenwild mit Ausnahme des Rehwildes. Weiterhin gehören das Auerwild, der Steinadler und der Seeadler zum Hochwild. Früher gehörten regional auch andere Tierarten wie Bär, Luchs, Trappen, Kranich, Reiher oder Fasan dazu. Alles übrige Wild gehört zum Niederwild. Der Begriff Hochwild ist historisch entstanden. Er bezeichnete Wild, dessen Jagd besonders geschätzt wurde und die deshalb dem hohen Adel (Hohe Jagd) vorbehalten war. Das Niederwild durfte hingegen auch von anderen Personengruppen bejagt werden (Niedere Jagd).
Im jagdlichen Sprachgebrauch wird zusätzlich regional unterschieden nach
-
Raubwild
Zum Raubwild zählen die dem Jagdrecht unterliegenden Raubtiere (Carnivora) sowie Greifvögel und der Kolkrabe. -
Grosswild
Grosswild ist besonders starkes Wild wie Dickhäuter, Grosskatzen, Wisent, Bären. -
Ballenwild
Die zum Niederwild gehörenden Tierarten Feldhase und Wildkaninchen zählen zum Ballenwild. -
Rauhwild
Das Rauhwild (‚Rauh‘ ist ein altes Wort für Fell) umfasst alle Pelztiere, die in der Jagd bedeutsam sind wie Dachs, Fuchs und das Hermelin.
Wildarten in Mitteleuropa
Von den typischen Wildarten Mitteleuropas unterliegen dem Jagdrecht unter anderem von den Säugetieren und damit zum Haarwild gehörig
- die Bovidae (Hornträger) Gamswild, Muffelwild, Steinwild und Wisent
- die Cervidae (Hirsche) Damwild, Elchwild, Rehwild, Rotwild und Sikawild
- von den Suidae (Schweinen) das Schwarzwild
- die Leporidae (Hasenartigen) Feldhase, Schneehase und Kaninchen
- von den Rodentia (Nagetiere) das Murmeltier
- die Felidae (Katzen) Luchs und Wildkatze
- von den Canidae (Hunden) der Fuchs
- die Mustelidae (Marder) Dachs, Fischotter, Baummarder, Steinmarder, Iltis, Hermelin und Mauswiesel
- von den Phocidae (Hundsrobben) der Seehund
von den Vögeln und damit zum Federwild gehörig
- die Phasianidae (Fasanenartigen) Auerwild, Birkwild, Rackelwild, Haselwild, Rebhuhn, Fasan, Wachtel, Alpenschneehuhn und Wildtruthuhn
- die Columbidae (Tauben) Ringeltaube, Türkentaube, Turteltaube und Hohltaube
- die Anseriformes (Entenvögel) Höckerschwan, Wildgänse, Wildenten, Säger
- von den Podicipedidae (Lappentaucher) der Haubentaucher
- von den Scolopacidae (Schnepfenvögel) die Waldschnepfe
- von den Rallidae (Rallenvögel) das Blässhuhn
- die Laridae (Möwen)
- von den Otididae (Trappen) die Grosstrappe
- von den Ardeidae (Reiher) der Graureiher,
- von den Raubvögeln die Falconidae (Falkenartige) und die Accipitridae (Habichtartige)
- von den Corvidae (Rabenvögel) der Kolkrabe, Rabenkrähe, Saatkrähe, Elster und Eichelhäher
Da das Jagdrecht in Deutschland, Österreich, Schweiz und Südtirol verschieden geregelt ist, gibt es nationale und regionale Unterschiede im Katalog der dem Jagdrecht unterliegenden Tierarten. Einige der dem Jagdrecht zugeordneten Tierarten sind ganzjährig geschont, dürfen also nicht erlegt werden, wie z.B. Grosstrappe. Für sie besteht aber weiterhin die Pflicht zur Hege. Sie unterliegen dadurch der besonderen Fürsorge durch den Jäger.
Wild in Deutschland
In Deutschland ermächtig das Bundesjagdgesetz die Länder, weitere Tierarten zu bestimmen, die dem Jagdrecht unterliegen. Vor der Entstehung des Bundesjagdgesetzes unterlagen in Deutschland auch Braunbär, Eulen, Pelikane, Amsel, Seeschwalben, Sturmvögel und Weissstorch dem Jagdrecht. In der DDR zählten auch Wacholderdrossel und Rotdrossel zu den jagdbaren Tieren.
Nach deutschem Jagdrecht befindet sich Wild grundsätzlich in natürlicher Freiheit und ist herrenlos, gehört also niemandem. Die Aneignung des Wildes ist ausschließlich dem jeweiligen Jagdausübungsberechtigten erlaubt. Sie erfolgt durch Fangen oder Erlegen. Dies gilt auch für Teile des Wildes, z.B. Abwurfstangen oder Eier.
Wild in Österreich
In Österreich unterliegt die Jagd der jeweiligen Landeskompetenz und daher wird diese durch die neun unterschiedlichen Landesjagdgesetze der Bundesländer und die entsprechenden Durchführungsverordnungen geregelt. Die Zentralstelle österreichischer Landesjagdverbände führt dazu aus: „Wildtiere sind nur jene Tierarten, die in den Landesjagdgesetzen und in den Schuss- und Schonzeitverordnungen genannt werden. Manche Tierarten sind in einem Bundesland „Wild“, in einem anderen Bundesland aus rein juristischen Gründen keine „Wildart“ – etwa der Goldschakal, die Bisamratte, der Elch …“
Wild in der Schweiz
In der Schweiz wird Wild über das Bundesgesetz über die Jagd und den Schutz wildlebender Säugetiere und Vögel (Jagdgesetz, JSG) geregelt. Der Geltungsbereich des Gesetzes bezieht sich auf „a. Vögel; b. Raubtiere; c. Paarhufer; d. Hasenartige; e. Biber, Murmeltier und Eichhörnchen“. Jagdbare Arten sind in „Art. 5 Jagdbare Arten und Schonzeiten“ des Gesetzes geregelt. In der Schweiz wird die Regelung der Jagd den Kantonen zugewiesen.
Wild in Südtirol
Das Hauptziel der Südtiroler Jagdwirtschaft ist die Erhaltung eines artenreichen Wildbestandes sowie der Schutz und die Verbesserung der Lebensräume. Die Entnahmen erfolgen nachhaltig über Abschusspläne und individuelle Abschusskontingente. Laut Gesetz ist das Töten und Fangen jeglichen Haar- oder Federwildes grundsätzlich verboten. Nach dem Art. 4 des Landesgesetzes 14/87 bilden jrdoch einige Wildarten eine Ausnahme und können somit in den angegebenen Perioden erlegt werden.
Mit den Veränderungen in unserer Umwelt können Wildarten aus den Jagdgesetzen verschwinden, wieder auftreten oder neu hinzukommen. So werden Wolf und Luchs in Mitteleuropa wieder heimisch. Fremdländische Tierarten wie Waschbär und Marderhund siedeln sich an und konkurrieren mit heimischen Arten. Solche Wildarten werden bei Bedarf vom Jagdrecht erfasst. Das bedeutet nicht gleichzeitig, dass sie auch bejagt werden dürfen.
Wildnutzung
In der Bundesrepublik Deutschland wurden im Jagdjahr 2012 / 2013 pro Kopf rund 500 Gramm Wild verzehrt, bei einem gesamten Fleischverbrauch von 60,8 kg. Rotwild, Rehwild, Sikawild, Damwild und Schwarzwild werden im Rahmen der landwirtschaftlichen Wildhaltung auch als Nutztiere gehalten. Das hochwertige Leder aus der Decke der Hirsche und Boviden wird zu Kleidungsstücken verarbeitet, verschiedene Pelzarten können für Kleidungsstücke und Accessoires genutzt werden.
Die in der traditionellen chinesischen Medizin verbreitete Vorstellung, durch den Genuss von bestimmten Körperteilen spezieller Wildarten besondere Kräfte zu erlangen, hat dazu geführt, dass diese begehrten Tierarten in ihrem Bestand stark gefährdet, teilweise sogar der Ausrottung nahe sind. Organisierte Wilderei, auch zur Erlangung von Elfenbein und zur Produktion von Souvenirs, wird durch staatlich gefördertes internationales Wildtiermanagement bekämpft.
Wildkrankheiten
Beim Wild können neben Verletzungen, Vergiftungen, Geschwülsten und Missbildungen parasitäre Krankheiten, bakterielle Krankheiten und Viruskrankheiten auftreten.
Einige Parasiten, z.B. der Fuchsbandwurm, ebenso wie bestimmte Viruserkrankungen, z.B. die Tollwut, oder Bakteriosen, z.B. die Tuberkulose, können vom Tier auf den Menschen übertragen werden. Die zwischen Menschen und anderen Wirbeltieren übertragbaren Krankheiten werden Zoonosen genannt.
In den Staaten der Europäischen Union regeln Gesetze die Bekämpfung von Wildkrankheiten, den Umgang mit kranken Tieren, die Vorsorge und den Schutz der Verbraucher.
Wildschutz
Zum Schutz vor und von Wild werden insbesondere an schnell befahrenen Strassen- und Bahnstrecken beidseits Wildschutzzäune errichtet. Weil solche Zäune auch von Auffahrten getrennt werden, Gatter für Not- und Bauausfahrten nicht immer geschlossen werden, sind diese Zäune nie ganz dicht. Sie sollen vor allem Zusammenstösse von schnellfahrenden Fahrzeugen mit die Fahrbahn wechselndem Wild vermeiden helfen, was nicht nur für das Wild tödlich enden kann.
Reflektoren, die Licht von ankommenden Kfz quer zur Fahrtrichtung aufgefächert rot oder blau in die Flächen neben der Fahrbahn schicken, warnen optisch, werden an der fahrbahnabgewandten Seite der dreieckigen Begrenzungspflöcke befestigt und können in ihrer reflektierenden Richtung auch an Böschung oder Abhang angepasst werden. Ein anderer Typ von Reflektor hängt als belegtes Drehkreuz an einem kleinen, selbständigen Drahtgalgen und dreht sich im Fahrtwindwirbel der Autos. Eine Hi-Tech-Lösung ist wieder pfahlrückseitenmontiert, sammelt tagsüber photovoltaisch Energie, wird durch Kfz-Licht ausgelöst und sendet sowohl blaue LED-Lichtblitze als auch hörbare Töne aus.
Auch an Holzpfählen mit PU-Schaum aufgebrachte Geruchsstoffe sollen Wild von Strassen fernhalten.
Wild lagert und versteckt sich gerne auch in landwirtschaftlich genutzten Flächen, so dass beim Mähen von Mais, anderem Getreide oder auch Wiesen insbesondere Rehe und Hasen getötet werden, die sich bei aufkommendem Lärm einer Mähmaschine instinktiv ducken und nicht fliehen. Gegen diesen Konflikt, der nicht nur Wildtiere unnötig tötet, sondern auch deren Leichengift in die Nahrung von Nutztieren bringen kann, sind zwei technische Systeme in Erprobung: zum einen GPS-positioniertes Überfliegen mit kamerabestückten Drohnen zur Erkundung von lagerndem Wild, zum anderen Vertreibung durch einen akustischen Warnton im (hochfrequenten) Ultraschallbereich, ausgesandt von einem Lautsprecher am Traktor des Mähgeräts.
Literatur
Ilse Haseder, Gerhard Stinglwagner: Knaurs Grosses Jagdlexikon, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-1579-5